Nicht mehr am Küchentisch zu führen – Verein Alt-Rothenburg in Klausur

Eine umfangreiche Tagesordnung hatte der Verein Alt-Rothenburg in seiner monatlichen Vorstands- und Ausschuss-Sitzung zu bewältigen. Deshalb hatten sich die Mitglieder der Leitungsebene mehr Zeit als üblich genommen, um die vielen Punkte zu besprechen und alle auf den gleichen Sachstand zu bringen.
Karin Bierstedt war es wichtig, Zeit zu haben. Deshalb ging es in den Campus (ehem. Luitpoldschule). Sabine, McIntosh, neu im Ausschuss und Mitarbeiterin im Campus Rothenburg, ermöglichte es, die Räumlichkeiten für diese Klausur zu nutzen. Das war ideal, denn hier sind die Voraussetzungen für Tagungen solcher Art perfekt.
Ganz generell beschrieb Karin Bierstedt die Situation als Vorsitzende in ihrer Funktion als spannend, aber im Ehrenamt mittlerweile grenzwertig. Denn: Der Verein Alt-Rothenburg hat satzungsgemäß viele Aufgaben: er ist Pächter des Röderturms, publiziert seit Jahrzehnten Fachbücher über die Geschichte Rothenburgs und seiner Umgebung, ist Vermieter div. Gebäude und hat seit längerem eine nicht unwesentliche Baustelle in der Judengasse 10/12, die mit großem Arbeits-, Material- und Finanzaufwand eines der bundesweit beachteten Häuser saniert und denkmalgerecht renoviert. In diesem Haus befindet sich eine aus dem Erbauungsjahr von 1409 stammende Bohlenstube und ein jüdisches Ritualbad, eine sogenannte Mikwe. Das geschieht in guter Zusammenarbeit mit dem Kulturerbe Bayern.
Dazu kommen Projekte wie die „Kleinen Kostbarkeiten“. Hier werden vom Verfall bedrohte Objekte fachgerecht saniert. Die Kosten teilen sich hierzu zu je einem Drittel die Stadt, die jeweiligen Eigentümer und der Verein Alt-Rothenburg.
Durch viele, immer umfassendere Bestimmungen wurde zum Beispiel die Nutzung des Röderturms fast unmöglich gemacht. Brandschutz und Versicherungsfragen waren für einen ehrenamtlich geführten Verein wie Alt-Rothenburg fast nicht mehr zu stemmen. Eine große Einnahmequelle drohte wegzufallen. Dank vieler Gespräche von Karin Bierstedt mit der Stadtverwaltung konnte jedoch vieles geklärt und neu geregelt werden. Nun wird der Röderturm, der bereits nach der Zerstörung 1945 vom Verein Alt-Rothenburg wieder mit aufgebaut wurde, wieder betrieben werden. Die Wiedereröffnung soll – so der Plan – im Sommer 2023 erfolgen.
Auch das Problem der Bücherlagerung hat sich – dank vieler Gespräche – gelöst: die Stadtverwaltung hat dem VAR zeitweise die „Alte Sporthalle“ zum Aussortieren und Sichten zur Verfügung gestellt. Nach dem Internationalen Volkswandertag wird es Gespräche geben mit allen, die in der Sporthalle zu tun haben. Nach dem Sichten wird es ein oder zwei Verkaufsaktionen geben, zu dem die Bevölkerung eingeladen ist. Nach der „Verdichtung“ werden die restlichen Bücher zur Mitnutzung in einem der Räume der Mehrzweckhalle untergebracht. Hierfür gilt der Stadtverwaltung großer Dank.
Durch den Tod von Kassier Peter Nedwal und Schriftführer Dr. Richard Schmitt mussten die bislang händisch geführten Konten und Protokolle neu sortiert, zum Teil digitalisiert und mit Verwaltungs- und Bankprogrammen kompatibel gemacht werden. „Ein Verein unserer Größe lässt sich nicht mehr vom heimischen Küchentisch leiten und führen“, so Karin Bierstedt.
Aus Kostengründen wird es bis auf Weiteres keine spezielle Jahresgabe mehr geben. Die für 2022 geplante wird das letzte Mal an die Mitglieder kostenlos verschickt. Guter Ersatz wird die Jahresausgabe der „Linde“ sein. Laut Schriftleiter Dr. Hellmuth Möhring ist es immer schwerer, passende Autoren und Aufsätze zu finden. Den wissenschaftlichen Anspruch an die Beiträge will der Verein jedoch unbedingt beibehalten und fortführen. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können, so die einhellige Meinung des Leitungsgremiums. Das mache dem VAR niemand so schnell nach.
Thematisiert wurde auch die interne Mitgliederkommunikation. Hier gibt es Bestrebungen, neue Wege zu gehen. Es ist eine App eingerichtet und angeschafft worden, mit der der Vorstand seine Mitglieder noch schneller und punktgenau erreichen kann. Mitglieder und Interessierte können sich bereits jetzt kostenlos anmelden. Die entsprechenden Links finden sich auf der vereinseigenen Netzseite alt-rothenburg.de auf der Startseite.
Ein großes Anliegen ist Karin Bierstedt die Jugendförderung und -anbindung an den Verein. Ein eigens dafür eingesetzter Arbeitskreis wird dazu Ideen weiterentwickeln. Mitglieder, die sich hier aktiv engagieren wollen, sind ausdrücklich und herzlich zur Mitarbeit eingeladen. Auch hierzu gibt es Infos auf der VAR-Netzseite.
Auch die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen soll verstärkt angegangen werden. Eine mögliche Kooperation könnte mit dem Rothenburger Künstlerbund entstehen.

Reinhard Sperber (Kassier) und Vorsitzende Karin Bierstedt werden nach dieser Wahlperiode ihre Ämter zurück geben. Das sagten sie bereits bei ihrer Wahl vor ca. zwei Jahren. Das Foto entstand bei der Vollversammlung 2022 | Foto: Jochen Ehnes
Bereits bei der Neuwahl von Karin Bierstedt und dem Kassier Reinhard Sperber vor knapp zwei Jahren wurde von beiden immer kommuniziert, dass sie nur eine Wahlperiode zur Verfügung stehen werden. Deshalb ist die Suche nach einer neuen Vereinsleitung bereits im vollen Gange. Menschen, die sich für diese Ehrenämter interessieren, können sich für weitere Details bei Karin Bierstedt und Reinhard Sperber melden. Eine Einarbeitung wurde von beiden angeboten und zugesichert.
Ein durchaus positives Fazit zieht die Vorsitzende Karin Bierstedt über diese erste Klausur des VAR. Sie schreibt den Ausschuss-Mitgliedern: „Wir sind jetzt schon einen Schritt weiter, denn den meisten Mitgliedern des Ausschusses ist die Situation des VAR und die Vielfalt der Aufgaben etwas deutlicher vor Augen gerückt.“
Text und Fotos: Jochen Ehnes