13.01.2002 | Der Künstler Willi Foerster
Vom 13.1.-13.2.2002 waren in der Sparkasse Rothenburg Dorfkirchenaquarelle von Willi Foerster (unten noch einmal eine Zusammenfassung der wichtigsten Daten zum Künstler) ausgestellt. Jetzt lagern sie im Reichsstadtmuseum.
Vor einigen Jahren konnte der Verein Alt-Rothenburg ca. 40 Aquarelle aus Privatbesitz erwerben, die aus der überwiegend 1933/34 entstandenen Serie von Kirchen-Darstellungen im Rothenburger Land und in angrenzenden Landschaften stammen.
Willi Foerster malte damals – kurz nach dem Beginn der Nazi-Diktatur – wohl 60 bis 70 Dorfkirchen und Kapellen. Einige dieser Bilder wurden nach 1960 in der „Linde“ reproduziert“. Eine große Anzahl der Aquarelle, wohl vor allem die mit Motiven aus der engeren Umgebung Rothenburgs – Kobolzell, Detwang, Bettwar, Neusitz, Wettringen usw. – befinden sich zur Zeit offenbar in Privatbesitz.
Es mag ein Zufall sein, vielleicht auch nicht, dass Foerster zu Beginn einer „heroischen“ Zeit die Idylle zu seinem Thema machte. Es mag ganz einfach zu seinem Wesen gehört haben. Wir wissen es nicht. Aber: Er hätte damals auch andere, zeitgemäßere Sujets abbilden können.
Seine Aquarelle beeindrucken zum einen durch die Komposition. Er rückt die Gotteshäuser eindeutig in den Mittelpunkt, manchmal aus ungewöhnlicher Perspektive gesehen, sie bestimmen das Bild. Doch werden „Nebensächlichkeiten“, Details am Rande oft liebevoll mit abgebildet.
Zum zweiten faszinieren die Bilder mit ihrer unaufgeregten, dabei so vielschichtigen und bei genauem Hinsehen überraschenden Farbigkeit. Obwohl es sich überwiegend um Sommerbilder handelt, wird meist auf leuchtende Farben verzichtet. Alt-Rothenburger Malertradition? Oder die Ahnung, dass die Zukunft doch nicht so glänzend sein würde?
Und schließlich liegt der Wert dieser Bilder in ihrem dokumentarischen Charakter. Bauzustände der Zeit um 1933, architektonische und ornamentale Einzelheiten der jeweiligen Kirchen wurden von Willi Foerster genau beobachtet und Hand in Hand gehend mit aller künstlerischen Freiheit exakt wiedergegeben.
Zu Willi Foerster
geb. 27. September 1892 in Rothenburg
gest. 13. März 1965 in Rothenburg
in einfachen Verhältnissen aufgewachsen
vielseitig musisch begabt
nach der Schulzeit erster Zeichenunterricht bei Arthur Wasse, zugleich Cello- und Orgelunterricht bei der St.-Jakobs-Kantorei
Besuch von Fachschulen für Malerei und Photographie in München, 1908 – 1910 Schüler von Otto Ludwig Naegele, München
seit 1919 eigenes Atelier am Plönlein, Radierungen und Holzschnitte, zeitweise eigene Druckerei, später Aquarelle und Ölmalerei
Aktives Mitglied im Privatmusikkreis, Organisator von Konzerten, Opern- und Operettenaufführungen, die große gesellschaftliche Ereignisse v. a. in den 20er Jahren darstellten
Mitbegründer des Rothenburger Künstlerbundes 1923
(neben Philippi, W. Schacht u. a.)
Im 3. Reich offenbar „unbelastet“
1933/34 Entstehung der Dorfkirchenaquarelle
1945/48 Aquarelle der Zerstörung Rothenburgs
Denkmalpfleger in Stadt und Landkreis Rothenburg nach 1945
Vors. des Künstlerbundes
Bürgermedaille der Stadt Rothenburg
Bundesverdienstkreuz
Große Verdienste um den Wiederaufbau der Stadt (u. a. Röderturm)
Willi Forster und der Verein Alt-Rothenburg
Erst nach dem 2. Weltkrieg taucht der Name Willi Foerster in den Protokollbüchern des Vereins auf. In der Vorkriegszeit kam er, der sich offenbar bewusst fern vom NS-System hielt, logischerweise nicht für eine Funktion in Frage, in den Zwanziger Jahren gehörte der „nicht-akademische“ Künstler trotz seiner Umtriebigkeit wohl noch nicht zum „bürgerlichen“ Establishment der Stadt. Vielleicht auch deshalb, weil er als zentrale Figur einer lebensfrohen, heiteren Kleinstadt-Bohème nicht jedermann „passte“ und einem damals durchaus verbreiteten „Geniekult“ abhold war.
Als mit Genehmigung der amerikanischen Militärregierung der Verein am 25. Juli 1946 wieder gegründet werden konnte, gehörte Willi Foerster zu den federführenden Mitgliedern und wurde zum 2. Vorsitzenden gewählt. Alle in irgendeiner Form mit dem Nazisystem in Verbindung gestandenen Personen konnten damals natürlich nicht kandidieren.
Vorstandschaft und Ausschuss des Vereins setzten sich damals wie folgt zusammen.
1. Vorsitzender: Rudolf Wagner, Fototechniker
2. Vorsitzender: Willi Foerster, Maler und Grafiker
Schriftführer: Ernst Brede, Buchhändler
Kassier: Eduard Holstein, Buchdruckereibesitzer
Ausschussmitglieder:
_ Michl Emmerling (Amtsleiter),
_ Heinrich Gruber (Glasermeister),
_ Johann Herrscher (Steinmetzmeister),
_ Eduard Hintze (Färbermeister),
_ Eduard Knoll (Kreisbaumeister),
_ Rudolf Schacht (Maler),
_ Peter Weiss (Kunsthändler),
_ August Zimmermann (Landrat).
Als Oberbürgermeister gehörte Friedrich Hörner, als Stadtbaumeister Franz Beißbarth dem Ausschuss an.
In der Folgezeit war Willi Foerster unermüdlich für den Verein tätig, u. a. mit Presseartikeln, Beiträgen in der „Linde“, Vorträgen und Dia-Abenden.
„Beim Anblick der mit dem Herzen eines von überströmender Heimatliebe erfüllten Mannes erschauten Bilder wurde den Zuhörenden und Zuschauenden erst ganz klar, was Willi Foerster zum Ausdruck bringen wollte: Rothenburg – eine unzerstörbare Hoffnung!“ (FLZ vom 21. 7. 49)
Als Willi Foerster aus gesundheitlichen Gründen 1950 nicht mehr für einen Vorstandsposten kandidierte, wurde dies allgemein bedauert. Als Ausschussmitglied wirkte er noch bis 1960.
„Der neugebildete Stadtrat ist in seiner Zusammensetzung nach Auffassung des Herrn Foerster für die Arbeit des Vereins aufgeschlossen und wünscht dessen Einschaltung in Bauangelegenheiten. Dabei möchte der Verein keineswegs als Fachmann auftreten, sondern er sei das Organ, durch das Rothenburgs Seele spricht.“ (Ausschussitzung vom 13. 6. 1952)
„Willi Foerster produzierte sich als Kellermeister mit einem Lied, das der Verherrlichung des Frankenweins galt.“ (Rothenburger Heimatabend des Vereins im „Bären“ am 10. 1. 1954)
„Herr Foerster regte an, dass doch mindestens drei alte Brunnen, und zwar der Kapellenplatz-, Röder- und Herrngassen-Brunnen wieder mit Wasserzufluss versorgt werden.“ (12. 3. 1956)
1958 wird Willi Foerster am 12. März auf der Jahreshauptversammlung des Vereins zum Ehrenmitglied ernannt.
Dr. Richard Schmitt