25.11.2011 | Rothenburg als Königspfalz?

Freitag, 25. November 2011, 20.00 Uhr
Prof. Dr. Karl Borchardt (München)
„Rothenburg als Königspfalz? Zu den Herrscherbesuchen der Stauferzeit“
Reichsstadtmuseum Rothenburg ob der Tauber | 20:00 Uhr | Eintritt frei.

 
 

Stauferpfalz ja – Königspfalz eher nein

Vergangenen Freitag (25.11.2011) referierte Prof. Dr. Karl Borchardt im Rahmen der winterlichen Vortragsreihe des Vereins Alt-Rothenburg im Reichsstadtmuseum über die Herrscherbesuche der Stauferzeit in unserer Stadt.Im Rahmen eines ursprünglich vom Max-Planck-Institut für Geschichte betreuten großen Forschungsprojekts zu den deutschen Königspfalzen bearbeitet Borchardt zur Zeit Rothenburg. Der Begriff „Pfalz“ ist abzuleiten vom Palatin, einem der sieben Hügel Roms, auf dem Kaiser Augustus sein „Haus“ bzw. seinen „Palast“ hatte. Als Pfalzen bezeichnete man im Mittelalter größere, meist befestigte Wohn- und Wirtschaftshöfe, auf denen die stets umherreisenden Kaiser und Könige mit Fürsten, Herren und anderen wichtigen Personen zusammenkamen, um Regierungsgeschäfte vorzunehmen. Auch andere Fürsten und Magnaten hatten ihre Pfalzen, die manchmal von Königen und Kaisern mitbenutzt wurden.

Strenggenommen sind nach Borchardt Königspfalzen nur Orte, an denen Regierungshandlungen vorgenommen wurden. Und hier schneidet Rothenburg ziemlich schlecht ab im Vergleich zu bedeutenden Herrscherpfalzen wie Aachen, Gelnhausen, Hagenau, Wimpfen, Nürnberg oder Eger. Im 12. und 13. Jahrhundert sind nur neun Herrscheraufenthalte in Rothenburg belegt.

Am 20. August 1150 entschied der Stauferkönig Konrad III., der ab 1142 eine mächtige Wehranlage auf dem Areal des heutigen Burggartens errichten ließ, einen Streit zwischen den Klöstern St. Blasien (Schwarzwald) und Schaffhausen. Sein Weg von Würzburg nach Nürnberg führte ihn damals auf einem Umweg nach Rothenburg, das folglich folglich eine gewisse Bedeutung für den König besessen haben muss. Vielleicht war die Burg, in der Konrad mit großem Gefolge lagerte, gerade erst fertiggestellt worden.

Von den Stauferkönigen Friedrich Barbarossa, Heinrich VI. und Philipp von Schwaben ist – mehr als ein halbes Jahrhundert lang – kein einziger Herrscherbesuch in Rothenburg bezeugt. Für die Hausmachtpolitik der Staufer wird Rothenburg allerdings eine durchaus wichtige Rolle gespielt haben, nannten sich doch die Schwabenherzöge Friedrich (ein Sohn Konrads III.) und Konrad (ein Sohn Barbarossas) nach Rothenburg. Um ein reines „Titularherzogtum“ Rothenburg, wie Ekkehart Tittmann vermutet, wird es sich hier wohl kaum gehandelt haben.

Im Jahre 1209 kam der Welfenkönig Otto IV. auf seinem Zug von Bamberg nach Esslingen nach Rothenburg und bestätigte dem Kloster Ebrach den Besitz der Pfarrei Schwabach bei Nürnberg.

Erst König Konrad IV., Sohn des „sizilischen“ Kaisers Friedrichs II., war wieder in Rothenburg anwesend – und das gleich siebenmal. Das erklärt sich vor allem daraus, dass während seiner Minderjährigkeit Gottfried von Hohenlohe, ein im Umfeld Rothenburgs reich begüterter Adeliger und enger Vertauter Friedrichs II., Erzieher des Königssohns war. Borchardt vermutet, der Hohenlohe habe den jungen König auch zur Wahrung seiner eigenen Besitzinteressen nach Rothenburg gebracht. Besaßen die Hohenlohe damals im Umkreis Rothenburgs eine stattliche Zahl von Burgen wie Brauneck, Weikersheim, Hohlach oder Endsee. Die Verpfändung Rothenburgs im Jahre 1251 an Gottfried von Hohenlohe um die Summe von 3000 Mark Silber, die Rothenburg möglicherweise unter die „Landeshoheit“ des Adelsgeschlechts gebracht hätte, ist ein deutliches Indiz für die damalige Machtstellung der Hohenlohe.

Summa summarum kann bilanziert werden:
Rothenburg war keine bedeutende Königs- oder Kaiserpfalz. Die staufischen Herrscher sind hier nur selten nachweisbar. Allerdings war unsere Burg wohl über längere Zeiträume ein wichtiger Mittelpunkt der staufischen Hausgutsverwaltung. In erster Linie eben eine Stauferpfalz, aber keine wichtige Königs- oder Kaiserpfalz

Dr. Richard Schmitt

 

Leserbrief von Ekkehard Tittmann

Ekkehart Tittmann bei seinem Staufer-Vortrag © Jochen Ehnes

Als Barbarossa 1188 seinen Sohn zur Verheiratung nach Spanien (und – trotz aller Gegenbeteuerungen in neun oder mehr Vertragsartikel lang fixierten Ausschlüssen – faktisch zum Versuch simpler Erheiratung eines Königreichs, nämlich Kastiliens) im offiziellen Dokument ,,Herzog von Rothenburg“ titulieren ließ, zusammen mit einer Ort für Ort zusammengekratzen Besitzausstattung, während gleichzeitig ein anderer Sohn Barbarossas und Bruder des Heiratskandidaten tatsächlicher Herzog von Schwaben war, zu dem Rothenburg territorial gehörte, dann ist ,,Titularherzog“ der korrekte Ausdruck für diese staufische Hochstapelei.

Die spanische Gesandtschaft durchschaute das wohl nicht ganz, obwohl sie monatelang im Lande war und verhandelte. Was man ihnen in Seligenstadt alles vorsetzte, um genauere Recherchen zu blockieren, dazu gibt es 1188 keine Auskünfte, wie sie im 20. und heute im 21. Jahrhundert möglich wären, wo z.B. ein investigativer Journalismus existiert. Vermuten kann, ja muss man dergleichen Ablenkungen schon. Es ging 1188 ja um einiges.

Was den Sohn des zeitlich früheren Königs Konrad (,,unseres” Konrad III.) betrifft, war dieser Vetter/Cousin Barbarossas stattlicher Herzog von Schwaben und verband seine Titulatur mit wechselnden Plätzen/Orten des damaligen Herzogtums, was zeitübliche Gründe hat. Es gab damals offenbar nicht nur ein orts-instabiles Reisekönigtum, sondern auch ein in den sog. herzoglichen ,,Vororten” (mit Versammlungs-, Heeresgebot, Gericht sowie etwas Kanzlei) ortsvariables schwäbisches Herzogtum. Jedenfalls keines mit dauerhaft fester Hauptstadt. Wir Rothenburger haben durchaus die Ehre, dass sich Schwabenherzog Friedrich IV. mehrfach ,,zu Rothenburg” und ,,zu Wimpfen” nannte und nur einmal ,,zu Staufen”, was kein Ort, sondern die Stammburg war.

Von einem Titelherzogtum 1152 bis zum Tode des Herzogs 1167 war bei meinem Vortrag keine Sekunde lang die Rede. Im Gegenteil untermauerte ich die zeitweilige ,,Herzogtum-Hauptstadtrolle” Rothenburgs zusätzlich mit baulichen Befunden.

Wie die wortgleich auch in der Homepage des Vereins Alt-Rothenburg verbreiteten irrigen Behauptungen in Zusammenhang mit meinem Namen kamen, geht mich nichts an, zumindest öffentlich nicht.

Ekkehart Tittmann, Rothenburg