28.11.2004 | Arthur Wasse – Retrospektive

Arthur Wasse – Retrospektive

vom 28.11.04 – 13.02.05
in der Galerie des Reichsstadtmuseums

 

Am 26.11.04 um 18.00 Uhr eröffnete das Reichsstadtmuseum mit geladenen Gästen die Sonderausstellung „Arthur Wasse – Retrospektive“. Anlass ist die 150. Wiederkehr des Künstlergeburtstags am 7. Dezember 2004. Hierzu sind alle 58 Werke Wasses, von denen viele in den letzten Jahren aus konservatorischen Gründen deponiert werden mussten, wieder zu sehen. Die Ausstellung dauert bis zum 13.02.2005; das Mittelalterliche Kriminalmuseum zeigt hierzu eine Begleitschau unter dem Titel „Rothenburg in der Kunst um 1900“.

Das Rätsel Arthur Wasse
Die Bilder Wasses sind nahezu jedem Rothenburger ein Begriff, dennoch gibt es auch heute noch wenige verlässliche Aussagen zu seiner Person. Die biographischen Daten sind an und für sich schon recht ungewöhnlich: als Sohn eines Miniaturmalers 1854 im englischen Manchester geboren, fühlte sich der junge Arthur offenbar schon früh zur Malerei hingezogen. Nach seinen ersten künstlerischen Anfängen bei dem Künstler William Muckley zog es ihn nach Deutschland, wo er in der Münchener Malerschule aufgenommen wurde und bei Piloty und Diez lernte. Bevor er 1895 endgültig nach Rothenburg übersiedelte, führte er ein unstetes Wanderleben zwischen Deutschland und England. Nach dem Tod seiner ersten Frau wurden seine beiden Söhne in England erzogen; der Maler entfremdete sich mehr und mehr von ihnen. Seine zweite Frau, Fanny Pittar, ist ab und zu auf seinen Ölbildern als Modell zu erkennen. Als südländischer Typ wurde sie oft als „Portugiesin“ angesprochen, obwohl sie 1869 in Brighton geboren worden war.

Die Rothenburger Zeit
Über die Rothenburger Zeit Wasses sind nur wenige anekdotenhafte Berichte erhalten, die kaum Möglichkeit bieten, die Motive, seine Ansichten zur Malerei oder gar die Genese einzelner Bilder zu entschlüsseln. Es existiert nur eine vage Aussage, dass er der modernen Malerei nicht folgen wolle, dass er, wörtlich: „…nur so malen kann, wie ich kann“. Als „unerwünschter Ausländer“ unterlag er im ersten Weltkrieg starken Einschränkungen, und es ist zu vermuten, dass viele seiner Stadtansichten im Klingenviertel in dieser Zeit von seinem Atelierfenster aus entstanden. Als er 1930 starb, fiel der größte Teil des Erbes seiner Frau zu, die wiederum der Stadt Rothenburg 58 Ölbilder und ein kleines Barvermögen hinterließ.

Wasse in der Literatur
Arthur Wasse ist nur zweimal Gegenstand von Publikationen geworden: 1936 verfasste Martha Faber ein kleines Büchlein mit dem Titel: „Arthur Wasse und sein Werk“, welches auch heute noch oft zitiert wird, obwohl es – gelinde gesagt – an wissenschaftlicher Distanz mangelt und der Versuch, Wasse zu einem „deutschen“ Maler umzuschreiben, kritisch hinterfragt werden muss. Dorothy J. Smith, die zweite Biographin, veröffentlichte 1971 in der „Queen´s Quarterly“ (Jg. 78, H. 1, S. 95-105) eine zweite Biographie, die sich allerdings wiederum grosso modo auf Fabers Publikation stützt. Daneben existiert nur ein unediertes englisches Typoskript, welches die Familiengeschichte Wasses behandelt. Für die Menge der erhaltenen Werke haben sich somit erstaunlich wenig aussagekräftige Nachrichten erhalten.

Besuchen Sie das sehenswerte Reichsstadtmuseum in Rothenburg ob der Tauber.

Wasse heute
Heute ist Wasse in Rothenburg ein sehr geschätzter Maler; wohl vor allem deswegen, weil er in seinen Bildern die Architektur und die Stimmung der Stadt am monumentalsten, oft aber auch am sentimentalsten wiedergab. Untrennbar mit seiner Vorstellung von Malerei ist der Begriff der „Romantik“ verknüpft, obwohl diese Epoche schon lange vorbei war. National und international erlangte er niemals Berühmtheit, nicht einmal im Künstlerlexikon „Thieme-Becker“ ist er verzeichnet.

Daten:
ARTHUR CRAMER JAMES WASSE (7.12.1854 – 14.10.1930)

1854
Geboren in Manchester

1875
Studium an der Manchester School of Art, Prof. William J. Muckley, erhält mehrfach den „Kensington Prize“

Aug./Sept. 1875
Studium in München bei Piloty und Diez

1875 – 1890
Ständiges Pendeln zwischen Deutschland und England

ab 1880
Freier Künstler in München

1880
Heirat mit Mary Crowther McLeod

1881
Geburt des Sohnes Frank

1882
Mitglied der Manchester Academy of Fine Arts

1884
Seine Frau Mary stirbt nach der Geburt seines zweiten Sohnes Harry

1885
erster Aufenthalt in Rothenburg (?)

ab 1885
mehrfache Beteiligung an Ausstellungen der Royal Academy in London mit Porträts und Darstellungen von Arbeitern („Bent not Broken“ , Lancashire Pit Lasses at Work“ etc.)

ab 1891 – 1895
Naturthemen und mythologische Szenen („A Siren“, „Devotion“, „Poppies and Paeonies“)

um 1895
Umzug nach Rothenburg, bewohnt das Haus Klingentorbastei 1a

1897
Ausstellung in Manchester

1904
Ausstellung in Bayern (?)

um 1904
Heirat mit Rebecca Fanny Pittar (* 1869 Brighton – 1954 Rothenburg)

1910
Ausstellung in Paris

1916-1918
Als „unerwünschter Ausländer“ muss er sich regelmäßig bei der Rothenburger Polizei melden; Wilhelm Schacht bürgt für ihn

1930
Begräbnis in Rothenburg

1940
Fanny Wasse schenkt der Stadt 58 Ölgemälde Wasses unter der Bedingung, dass sie ausgestellt werden und dass das Grab des Künstlers gepflegt werde

1954
Nach ihrem Tod erbt die Stadt ein Vermögen von 11.000 DM

Dr. Hellmuth Möhring