24.02.2012 | Ein Denkmal pflegen

Freitag, 24. Februar 2012, 20.00 Uhr
Jérome Zahn (ehem. Leiter der Bauhütte St. Jakob, Rothenburg)
„Ein Denkmal pflegen – Die große Restaurierungsmaßnahme 2005 – 2011 an der St. Jakobskirche in Rothenburg“
20.00 Uhr | Gasthaus Glocke | Plönlein | 91541 Rothenburg ob der Tauber | Eintritt frei.

 

Vieles konnte gerettet werden

Jérome Zahn sprach über die Sanierungsarbeiten an St. Jakob 2005-2011

Steinmetzmeister Jeromé Zahn.

Vergangenen Freitag referierte Jérome Zahn, bis Ende 2010 Leiter der Bauhütte St. Jakob, im Rahmen der winterlichen Vortragsreihe des Vereins Alt-Rothenburg in der gut besuchten „Kelter“ des Gastshofs „Zur Glocke“ über die jahrelange Restaurierung der evangelischen Rothenburger Stadtpfarrkirche, die zu einem guten Teil auch von der Bauhütte St. Jakob durchgeführt wurde.

In einem theoretischen Vorspann stellte er grundsätzliche Überlegungen zu Arbeitsfeld und zum Ethos aller in der Denkmalpflege Tätigen an. Ihre Aufgabe sei es, neue Erkenntnisse an die Fachleute und an die Öffentlichkeit weiterzugeben, diese für einen ganzheitlichen Umgang mit Denkmälern zu sensibilisieren. Ziel jeder Sanierung müsse es letztlich sein, so viel wie möglich der überkommenen Substanz, die letztlich einen bestimmten Entwicklungsstand der Menschheitsgeschichte repräsentiert, für die Nachwelt zu erhalten. Dabei könne es nicht schaden, wenn neben den an der Universität ausgebildeten Denkmalpflegern und Restauratoren auch aus dem Handwerk stammende Praktiker mitwirkten, die einen anderen Blick auf die Dinge hätten.

Denkmalpflege besteht im Idealfall aus einer guten Zusammenarbeit von Naturwissenschaftlern, Geisteswissenschaftlern und eben auch Handwerkern. Gründliche Voruntersuchungen würden die Baukosten oft reduzieren, seien im Endeffekt billiger als unsachgemäße Maßnahmen, die auf Dauer mehr Schaden anrichteten und unter Umständen zu Totalverlusten führen können. Eine kontinuierliche und systematische Objektbeobachtung verhindere kostspielige Überraschungen und die unnötige Vernichtung von Kulturgütern.

Auch an der Jakobskirche, deren Außenhülle noch immer einen sehr hohen Anteil an originaler Substanz enthält, kam es in der Vergangenheit immer wieder bei Restaurierungsarbeiten zu solchen unnötigen Schäden. Viele Steinmetzarbeiten aus der Bauzeit des 14./15. Jahrhunderts heben sich bis heute sehr gut erhalten, während erst vor 80 oder 100 Jahren entstandene „Ausbesserungen“ bei den Sanierungsarbeiten 2005-2011 einen äußerst maroden Zustand aufwiesen.

Dies wurde im zweiten Teil des Referats an konkreten Beispielen demonstriert. Nach einem kurzen Überblick zur Baugeschichte der Kirche – Ostchor ca. 1311-1356, Kirchenschiff 1373-1398, Westchor 1453-1472 – wurden die von Jérome Zahn stark beeinflussten und in die Praxis umgesetzten Restaurierungsmaßnahmen mit vielen Bildern vorgestellt. Man sah Eisenbänder, die die durchbrochenen Turmhelme seit fast sechshundert Jahren zusammenhalten, ohne zu korrodieren.

Im Kontrast dazu stehen neuzeitliche Armierungen mit Eisen oder Stahl, die nach kurzer Zeit zu einer „Rostsprengung“ in den steinernen Bauornamenten führen. Entgegen der landläufigen Vorstellung, unser einheimischer Werk- und Schilfsandstein sei weniger haltbar als der bei modernen Sanierungsarbeiten meist verwendete Muschelkalk, haben viele Beobachtungen an der Jakobskirche das Gegenteil erwiesen – wenn solider Sandstein vorhanden war, den es in den Steinbrüchen in der nördlichen Stadtmark Richtung Steinbachtal oder in Gailnau gab. Und auch die Vermutung, die Westseiten unserer historischen Steinfronten seien durch Regen und Frost am stärksten gefährdet, muss nicht immer zutreffen. An der Jakobskirche zeigte sich, dass oft auf der Ostseite, die länger feucht bleibt, Verwitterungsschäden stärker sind als an der schneller abtrocknenden Westfront.

Beeinduckend, ja faszinierend waren die Fotos und die Erläuterungen zu den nicht selten bei starkem Wind verrichteten Arbeiten in schwindelnder Höhe ebenso wie die Präsentation der in alter handwerklicher Tradition ausgeführten Steinmetzarbeiten in der Bauhütte – etwa an der großen Kreuzblume des Südturmes. Im Verlauf der Bauarbeiten hat sich – sicherlich unter dem Einfluss von Herrn Zahn – zunehmend eine bewahrende, konservatorische Linie durchgesetzt. Mit teilweise eigens ausgetüftelten Methoden (etwa das Einbringen von dehnungsfreiem Spezialmörtel in Risse mit Hilfe von kleinen Spritzen in langwieriger Handarbeit!) konnte die Bauhütte manches vor dem Ausbau retten, was man früher ganz einfach durch moderne Kopien ersetzt hätte.

Am besten zeigt sich dieses das Baudenkmal schonende Vorgehen an der Schmerzensmann-Gruppe am Ostchor. Sie wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts als Replik angebracht (die Originale befinden sich im Reichsstadtmuseum), war aber 2005 schon stark zerfressen. Aufgrund vorhandener alter Fotoaufnahmen konnte die Gruppe wieder sachgerecht erneuert werden.

Als Fazit dieses anregenden und aufschlussreichen Vortrags soll angemerkt werden: Mit Jérome Zahn, der demnächst die Dombauhütte in Passau leiten wird, hat Rothenburg einen guten Mann verloren.