20.11.2015 | Film über das Kriegsende 1945 in Rothenburg

VAR-Vorsitzender Dr. Markus Naser (vorne) bei der Einführung zum Film. Im Hintergrund Thilo Pohle, der den Film vorstellte.

Am vergangen Freitag (20.11.2015) wurde im Rahmen der winterlichen Vortragsreihe des Vereins Alt-Rothenburg im Gasthof „Zur Schranne“ der Film „Ein Tag, der zur Nacht wurde. Rothenburg in Flammen, 31. März 1945“ gezeigt. Beim Luftangriff amerikanischer Bomber sank am Ostersamstag ein großer Teil der Altstadt in Schutt und Asche, 39 Menschen kamen dabei ums Leben.

Darüber, wie die Rothenburger Bürger diese Katastrophe erlebten, berichtet die Filmgruppe der Oskar-von-Miller-Realschule. Sie wurde von Thilo Pohle gegründet. Auch nach seiner Pensionierung als Lehrer an der Realschule wird sie noch heute von ihm betreut.

Thilo Pohle stellte seine Mitarbeiterinnen Andrea Knäulein und Kerstin Schmidt, beide ehemalige Schülerinnen von ihm, vor und betonte, diese hätten die eigentliche Arbeit geleistet. In jahrelangen Vorarbeiten, die mehr als 2000 Stunden umfassten, wurden von ihnen und aktuellen Schülern der Realschule die Interviews mit Zeitzeugen vorbereitet und gefilmt, geschnitten und kommentiert. „Eine unglaubliche Leistung“, meinte Pohle zu Recht.

Der Dokumentarfilm über die Zerstörung Rothenburgs ist der jüngste in einer ganzen Reihe von Filmen, die unter der Anleitung von Thilo Pohle an der Realschule entstanden sind und inzwischen weltweit über 700mal gezeigt wurden. Schon der erste über die „Männer von Brettheim“ sorgte für Aufsehen und wird auch heute noch in angesehenen, seriösen Historikerkreisen als etwas Besonderes gewürdigt.

Die im Film über die schrecklichen Geschehnisse im Jahr 1945 befragten Rothenburger Bürger wissen viel zu erzählen von Tod und Not, von Mut und Hilfsbereitschaft, aber auch von absurd-bürokratischen Behinderungen bei den Lösch- und Rettungsmaßnahmen.

Zwei Kinder aus der nördlichen Landwehr kamen am Morgen des Ostersamstags auf ihren Fahrrädern in die Stadt, um Salat einzukaufen. Sie gerieten in das Bomben- und Brandinferno, fanden Zuflucht in einem Keller, aus dem sie rechtzeitig flohen, bevor sie im allgegenwärtigen Rauch umkamen, konnten durch das Galgentor entkommen und wurden bei Gattenhofen von ihren Angehörigen entdeckt. Man hat sie nicht geschimpft, weil sie keinen Salat dabei hatten.

Eine neunzehnjährige Sanitätshelferin trug im damaligen Krankenhaus (Spitalgasse) mühsam einen doppelt beinamputierten Soldaten aus dem zweiten Stockwerk auf ihrem Rücken über die Wendeltreppe nach unten. Hier standen zwei zigarettenrauchende junge Männer, die ihr erst nach energischer Aufforderung halfen.

Brandstabbomben (mit Phosphor gefüllt) zündeten nicht immer sofort, nachdem sie die Hausdächer durchschlagen hatten, sondern oft erst nach Stunden oder gar Tagen. Mutige Leute haben sie, manchmal in letzter Minute, aus den Dachböden auf die Straße geworfen, entstehende Brände gelöscht und Schlimmeres verhindert. (Etwa auf der Jakobskirche, wo der Mesner den Dachstuhl rettete. Oder in der Musikschule. Oder beim „Schulbeck“/Fischer, wo der Brand erst vier Tage nach dem Angriff auszubrechen drohte.) Einer hat diese noch aktiven Brandsätze, die jederzeit explodieren konnten, sogar auf einem Schubkarren aus der Stadt gefahren.

Solche Brandbomben oder ihre Teile fielen auch auf die herumlaufenden Ochsen und Kühe und fraßen sich in ihren Rücken. Einige Tiere liefen tagelang vor Schmerz brüllend in der Stadt umher, bevor sie verendeten.

Thilo Pohle und Dr. Markus Naser, der 1. Vorsitzende des Vereins Alt-Rothenburg, sehen den Film nicht nur als wichtiges Dokument zur Rothenburger Stadtgeschichte, sondern auch als eine Art „Dankeschön“ an die Generation, die den Untergang Rothenburgs miterlebt und den Wiederaufbau nach 1945 im Sinne der alten Stadt durchgeführt hat.

 

 

 

 

 

 

Ausschnitt aus dem Film der Dokumentarfilmgruppe der Oskar-von-Miller-Realschule Rothenburg ob der Tauber.