Jahresbericht 2008/09

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Vereinsmitglieder und Gäste!
Morgen ist es so weit. Am Mittwochnachmittag findet in der Raiffeisenbank, dem ehemaligen Postgebäude in der Bahnhofstraße, die Präsentation der zweibändigen Untersuchung von Hanns Berger und Tobias Lauterbach über den Wiederaufbau der Stadt Rothenburg nach den enormen Verlusten an alter Bausubstanz infolge des amerikanischen Luftangriffs im Jahre 1945 statt. Nicht nur wegen seines Umfangs von rund 850 Seiten zählt das Werk zu den gewichtigsten Veröffentlichungen der Vereinsgeschichte. Ohne Zweifel haben die beiden jungen Autoren eines der entscheidenden Kapitel der Stadtgeschichte erstmals umfassend, wissenschaftlich exakt und zugleich sehr anschaulich dargestellt. Ihre fast durchwegs mit Abbildungen des Vorkriegszustandes und der wieder aufgebauten Gebäude versehene Dokumentation könnte den Anfang eines „Rothenburger Häuserbuches“ bilden. Lassen Sie sich überraschen!
An dieser Stelle möchte ich zunächst den Verfassern dafür danken, dass sie uns ihr Manuskript zur Verfügung gestellt und bei der Drucklegung bis zum Schluss durch die Beschaffung und Bearbeitung von Fotos sowie Ergänzungen von Text und Gestaltung geholfen haben. Dank gebührt auch Herrn Dieter Ohmayer für seine uneigennützig Unterstützung, dem Sohn des bekannten Rothenburger Fotografen Alfons Ohmayer, der das Bild der Stadt vor und nach ihrer Zerstörung unzählige Male dokumentierte.
Durch die Vermittlung unseres ehemaligen 2. Vorsitzenden Professor Karl Borchardt konnten wir die VR-Bank Rothenburg für das Projekt Berger/Lauterbach interessieren. Ihr Leiter Gerhard Walther hat uns einen kräftigen Zuschuss seiner Bank verschafft und zusätzlich eine Zuwendung der Schulze-Delitzsch-Stiftung der Bayerischen Genossenschaftsbanken in gleicher Höhe vermittelt. Ihm gebührt der Dank des Vereins, denn ohne diese beträchtliche Förderung hätten wir uns wohl kaum dazu durchgerungen, eine derart kostspielige Jahresgabe herzustellen. Namhafte finanzielle Zuwendungen erhielt das Buch auch durch die Bayerische Landesstiftung und den Bezirk Mittelfranken. Beiden sei ebenfalls von Herzen gedankt. Und schließlich dürfen Verleger Wolfgang Schneider und seine Mitarbeiter, insbesondere die Herren Rost und Lunz, nicht vergessen werden, die uns bei der Drucklegung sehr kompetent beraten, außerordentlich viel Mühe (und Zeit) für uns aufgebracht und großes Entgegenkommen bewiesen haben.
Von diesem sehr erfolgreichen Wirken unseres Vereins wechsle ich abrupt zu einem ärgerlichen und sehr bedenklichen Thema.

Im Zusammenhang mit dem geplanten Neubaugebiet am Philosophenweg, dessen Ziel einer „Nachverdichtung“ der Wohnbebauung im inneren Bereich der Stadt anstatt eines weiteren Ausuferns der Neubaugebiete am Stadtrand nachvollziehbar ist, übten Vereinsmitglieder teilweise recht barsche Kritik an uns. Ich musste mir anhören, der Verein werde seitens der Stadt „wie ein Ochs am Nasenring herumgeführt“, die Stadt „verscherble ihr Tafelsilber“, es erfolge in Rothenburg schleichend eine „Entkernung des Denkmalschutzgedankens“. Oder unser Ausschussmitglied und Stadtheimatpfleger Eduard Knoll: „Als Warner hat der Verein zu wenig getan in letzter Zeit.“ Das sind harte Worte, aber sie entbehren wohl nicht einer gewisse Substanz. Der gelegentlich mit durchaus ernstzunehmenden Leserbriefen in das Lokalgeschehen eingreifende alte Rothenburger Hans Schöpper aus Schrozberg-Hummertsweiler formuliert angesichts der Planungsvorhaben am Philosophenweg und am Bezoldweg (Bushaltestelle und Wendeplatz, Ausbau und teilweise Verbreiterung der Straße, eventuell auf Kosten des Walls am Kummereck): „Und nun will man das Bodendenkmal „Philosophenweg“, der untrennbar mit dem Turm-Seelein als vorgelagertem Verteidigunsggürtel verbunden ist, überbauen? Da sollte es einen Sturm der Entrüstung im Stadtrat und in der Bevölkerung geben.“ Der Leserbriefschreiber regt zudem an, man möge die Geschichte und den heutigen Bestand des Ensembles an der Turmseeleinsbrücke durch „ein Hinweisschild“ für die Öffentlichkeit aufzeigen.

Diese Idee hatten offenbar auch die verantwortlichen Planer des Geländes, das Stadtbauamt und die beauftragte Firma, die einen für einheimische und touristische Spaziergänger und Radfahrer konzipierten Weg mit Unterführung des Straßendamms und liebevoller landschaftsgärtnerischer Neugestaltung des Gebietes mitsamt dem verlotterten Gelände östlich der alten Brücke samt Erläuterungstafeln vorsehen. Das sei eine Aufwertung des bisher vernachlässigten Terrains, sogar ein Gewinn im Vergleich zur bisherigen Situation. Abgesehen davon, dass mir hier wohl die Musik einer fernen Zukunft in den Ohren klingt, bleibt zu fragen: Was wiegt schwerer: Der weitgehende Verlust eines bedeutenden historischen Denkmals oder ein paar „Hinweisschilder“, die die Aktion der Zerstörung letztlich bestätigen?

Die ins Auge gefasste „Grünanlage“ kann man doch errichten, ohne den „Topplergraben“ im vorgesehenen Umfang zu beschädigen! Wir bewegen uns schließlich nicht auf dem Feld der Mathematik oder der kaufmännischen Buchführung, wo man negative Bilanzen durch positive ausgleichen kann! Bei unseren Denkmälern ist es so wie in der Zahnmedizin. Kaputt ist kaputt, was weg ist, ist weg, darüber kann die schönste Krone oder Brücke nicht hinwegtäuschen.
Wir haben uns – vielleicht zu blauäugig – darauf verlassen, dass die Stadt bei ihren Planungsvorhaben Fragen des Denkmalschutzes genauso wie Aspekte des Naturschutzes und viele andere im Vorfeld prüfen, sich bei den einschlägigen Behörden informieren und schließlich auch die am jeweiligen Gegenstand interessierten örtlichen Vereine und Vereinigungen zu Rate ziehen würde Soweit ich mich erinnere, ist es auch in der Bausache Philosophenweg nicht ganz so gelaufen, wie ich mir das wünsche. Die Stellungnahme des Landesamts für Denkmalpflege erfolgte erst im Dezember 2008, zu einem Zeitpunkt, als es eigentlich angesichts der bis dahin erfolgten finanziellen Vorleistungen der Stadt – Ankauf von Grundstücken, Planungskosten usw. – kein generelles Zurück mehr geben konnte

Wie in den letzten Jahren immer wieder gesungen, ertönt auch bei der Betrachtung des Bebauungsplans für das Gelände um den Philosophenweg die Klageleier unseres Vereins. Ich würde gerne fröhlichere Töne anstimmen, Jammern und Schimpfen sind mir eigentlich zuwider. Aber was sein muss, muss leider Gottes sein. Demokratischer Umgang einer Behörde, die die Stadt ja nun einmal ist, mit den Betroffenen bedeutet auch, dass man auf diese zugeht, sie frühzeitig informiert und um ihre Meinung bittet. Am Beispiel Philosophenweg hat sich wieder einmal gezeigt, dass man mögliche „Bedenkenträger“, also Leute, die Sand ins Planungs- und Durchführungsgetriebe werfen könnten, gar nicht oder erst recht spät informiert oder befragt.
Als Lehrer am hiesigen Gymnasium sage ich doch den Eltern eines Schülers (und ihm selbst) rechtzeitig, wenn er so schlechte Leistungen aufweist, dass er das Klassenziel wohl nicht erreichen wird und die Klasse möglichst freiwillig wiederholen sollte. Das ist für seine Schullaufbahn unter Umständen entscheidend. Ich lasse ihn nicht auflaufen und berufe mich anschließend auf die Schulordnung, die doch jedem zugänglich ist und wo die juristischen Regelungen des Falls mitgeteilt werden. Ich gehe einfach unbürokratisch auf ihn zu. Formulierungen wie „Das können Sie auf unserer phantastischen Internet-Homepage einsehen“ oder „Wir haben Ihnen das doch fristgerecht im Rundschreiben vom soundsovielten. Oktober – übers Internet – mitgeteilt“ tun nur so, als seien die Bürger an Entscheidungsprozessen beteiligt. In Wirklichkeit lässt man sie außen vor.

Die Partizipationsmöglichkeiten des Einzelnen im modernen Informationszeitalter sind nämlich nur scheinbar gewachsen. Hieß es früher im patriarchalischen alten Obrigkeitsstaat: Verlass dich doch auf den König und seine Beamten, die machen das schon richtig, da brauchst du dir doch keine unnötigen Gedanken machen, du belastest nur deinen Kopf mit Problemen, von denen du ohnehin wenig verstehst, so lautet die Devise heutzutage eher: Natürlich darfst du mitreden, du darfst dich „einbringen“, du bist jederzeit willkommen. Aber du musst dich informieren. Wir stellen dir alle Möglichkeiten zur Verfügung, du kannst sie nutzen. Wer schon einmal mit einer Telefongesellschaft über einen möglichst durchsichtigen und günstigen Vertrag verhandelt hat, weiß, wovon ich spreche.

Sehr viele, wenn nicht die meisten Bürger, sind damit überfordert, sie resignieren und kapitulieren. Das Ideal einer demokratischen Gesellschaft sieht anders aus. Zum Beispiel gibt es immer noch das gute alte Telefon, man kann sich auch heute noch Briefe schicken oder Zettel in den Briefkasten werfen, manche beherrschen sogar die Technik des E-mail- Meinungsaustausches, und ganz zuletzt (oder anfangs ?) könnte man sogar miteinander reden.

Trotz des bislang aus denkmalpflegerischer Sicht recht unglücklich verlaufenen Verfahrens hoffen wir auf nachträgliche Verbesserungen der Planung besonders im unmittelbaren Bereich der Turmseeleinbrücke. Durch den seit den 80er Jahren bestehenden unschönen Straßendamm, der die alte Brücke vom westlich anschließenden Verlauf der topplerzeitlichen, aus doppeltem Wall und Graben bestehenden Vorbefestigung der Stadt um 1400 abschneidet, ist der letzte bedeutende Rest dieses nicht nur nach Auffassung des Landesamtes für Denkmalpflege einmaligen Bodendenkmals natürlich in seiner Substanz und seinem Erscheinungsbild stark gestört. Aber irgendwann wird dieser Damm beseitigt werden. Und dann wird man die historischen Zusammenhänge wieder klarer erkennen, wird bemerken, was für ein Schatz hier mitten in der Stadt liegt, den man bisher kaum zur Kenntnis genommen hat. Wenn man nun diese stadtgeschichtlich so wichtigen Relikte etwa durch eine „Wendeplatte“ für Müllfahrzeuge über weite Strecken beschädigt, wird späteren Generationen die Verbindung der massiven Turmseeleinbefestigung mit ihren Brückenbögen und Buckelquadern zu der wichtigen Erdbefestigung hinunter zum Philosophenweg verborgen bleiben. (Nebenbei: Als Bundeswehrsoldat musste ich relativ große Lastkraftwagen fahren. Ich erinnere mich, dass es da einen Rückwärtsgang gab, mit dem ich trotz meiner bescheidenen Fahrkünste durchaus in der Lage war, das schwere Fahrzeug fünfzig oder hundert Meter zurückzubewegen. Dabei halfen zwei Außenspiegel und, wenn es besonders eng wurde, Kameraden, die einen mit Handzeichen einwiesen. Professionellen LKW-Fahrern von heute zu unterstellen, das könnten sie nicht genauso gut oder besser, entbehrt nicht der Komik.) Falls es wirklich zutrifft, dass Müllautos nicht rückwärts fahren dürfen, und dass es da keine, aber auch gar keine Ausnahmeregelung geben kann, dann muss man halt die Wendeplatte weiter vom Toppler-Graben wegrücken und notfalls durch den Verzicht auf die Bebauung eines Grundstückes eine gewisse finanzielle Einbuße für die Stadtkasse hinnehmen. (Was übrigens die vorgesehenen Grünanlage vergrößern würde.) Sollte das Duell Müllabfuhr gegen einzigartiges Bodendenkmal zu Ungunsten des Turmseeleinensembles ausgehen, käme ich mir wieder einmal vor, als lebte ich in Absurdistan.

Zugegeben: Es ist nicht mehr viel da von der städtischen Vorbefestigung aus Topplers Zeit. Aber gerade deswegen sollte man diese Spuren der Vergangenheit der Nachwelt erhalten, so gut es geht. Nach meiner nun mehr als zwanzigjährigen Erfahrungen im Vorstand des Vereins habe ich allerdings wenig Hoffnung, dass die Bewahrung des geschichtlichen Erbes unserer Stadt vorrangig behandelt wird.

Freilich könnte man in Ägypten damit argumentieren, man habe Hunderte von Pyramiden, da käme es auf die eine oder andere nicht an, man dürfe hier und dort ruhig einige Steinplatten abbrechen; und in Rom könnte man sagen, das Kolosseum sei ohnehin schon ziemlich kaputt und dürfe ein bisschen weiter demoliert werden, um kleine Vorteile zu gewinnen, mit einem „Investor“ der Stadt Kosten ersparen oder zusätzliche Einnahmequellen erschließen. In Rothenburg ist zwar alles um viele Nummern kleiner als in Ägypten oder im alten Rom. Dennoch: Unsere Pyramiden, unser Kolosseum sind die Stadtbefestigung, die Burgmauer, die zahlreichen bedeutenden und die eher unscheinbaren Bauwerke der Vergangenheit. Es müsste es eine Selbstverständlichkeit sein, mit ihnen sehr vorsichtig und respektvoll umzugehen.

War Rothenburg nicht einmal eine Musterstadt des Denkmalgedankens, ein Ort, an dem Sinn und Zweck der Erhaltung von Baudenkmälern und Ensembles thematisiert wurden und deutschlandweit Beachtung fanden? Heute sind wir eine Liga (oder gar zwei) zurückgerutscht. Es geht seit längerem um die Frage, wie die historische Stadt – zu deren Geschichte auch das 19. und das 20. Jahrhundert gehören – ihre nicht zuletzt durch den Massentourismus bedingten Strukturveränderungen der Altstadt in den Griff bekommt und zugleich ihre schutzwürdigen Denkmäler, die großen und vor allem die kleinen, vor Verfall und unbedachter Vernichtung bewahren kann. (Früher sprach man, oft mit recht pathetischem Unterton von „kleinen Kostbarkeiten“, wies hin auf Wappentafeln, Brunneneinfassungen, Türen und Fensterrahmungen, die allmählich zerbröseln. Derartiges gibt es auch heute zuhauf, manches könnte man wohl retten.)
Gestatten Sie mir an dieser Stelle eine Randnotiz zu der Art und Weise, wie der „Fränkische Anzeiger“ in Fragen der Stadtentwicklung – die den Verein häufig betreffen – (und nicht nur dort) die öffentliche Diskussion mitgestaltet. Die Berichterstattung in der Lokalpresse gerät nicht selten zu einer journalistische Meisterleistung, wenn seit Jahren Meldung und Kommentar zu einer neuen, womöglich zukunftsweisenden Gattung verschmolzen werden und unmerklich ineinanderfließen. Unsere Zeitung stößt offenbar zu einer Art Urjournalismus vor und zurück, die die auf Aufklärung, Rationalismus und logischem Menschenverstand basierenden unterschiedlichen journalistischen Textarten wieder aufheben und zu einem Gesamtkunstwerk vereinen möchte. Korrekt und sachverständig informieren, seine Meinung dazu sagen – als solche deutlich markiert -, gelegentlich in Glossen und Karikaturen ein wenig spotten, ein bisschen unterhalten und dabei vielleicht positive Entwicklungen zu befördern – das waren und sind hoffentlich noch die herkömmlichen, sauber voneinander geschiedenen Aufgabenfelder der Presse. Die Medien als vierte Gewalt im Staat? Das ist in Ordnung, das ist gut so und wichtig. Aber man sollte die Rangfolge auch einhalten.

Als die Vorstandschaft unseres Vereins der Zeitung eine Presseerklärung in der Angelegenheit Philosophenweg zusandte, wurde diese nicht im Originaltext abgedruckt – was ja der Sinn einer solchen Mitteilung an die Öffentlichkeit ist – , sondern in indirekter Rede wiedergegeben. Damit raubt man einem Text natürlich seine Kraft, so schmälert man die Rolle des Vereins, die er für die Stadt tatsächlich besaß und hoffentlich noch immer besitzt.

Zurück zum Thema: Welche Aufgaben warten auf unseren. Verein, wo müssen wir die Augen aufhalten, was dürfen wir nicht verschlafen? Wir sollten es endlich schaffen, früher als bisher in städtische Planungs- und Bauvorhaben einbezogen zu werden. Wenn, wie am Philosophenweg geschehen, bereits umfangreiche und womöglich kostspielige Vorplanungen erfolgt sind, bevor Träger öffentlicher Belange wie der Stadtheimatpfleger oder unser Verein ins Verfahren miteinbezogen werden, ist es in der Regel zu spät. Uns bleibt die Hoffnung auf zukünftige Verbesserungen.

Die Zukunft wird uns bald erreichen, wenn wir uns zwei Konflikten stellen müssen, die das Rothenburger Denkmalerbe massiv bedrohen werden. Ich meine zum einen die „Soziale Stadt“, ein Förderprogramm des Bundes und der Länder, von dem Rothenburg profitieren wird. Dabei wird sicherlich vieles unternommen werden, Häuser und Wohnungen in der Altstadt nach den Anforderungen moderner und menschenfreundlicher Wohnstandards zu gestalten – was ich selbstverständlich begrüße. Dass es dabei mit dem Denkmalschutz und den Anliegen unseres Vereins Probleme geben wird, liegt auf der Hand. Aber es gibt für alles eine Lösung, wenn man sich redlich und ernsthaft darum bemüht. Wichtige Nachkriegsbauten und -ensembles aus der Wiederaufbauphase der Altstadt sollte man jetzt schon in die Denkmalliste eintragen lassen, um bei sicherlich bevorstehenden Umbaumaßnahmen auch die Belange des Denkmalschutzes als starkes Argument in die Waagschale werfen zu können. Unsere heurige Jahresgabe kann insofern nur von Nutzen sein, in ihr können sich die Planer informieren, sie sollte Pflichtlektüre für sie sein. Hier muss der Verein aktiv werden, öffentlich in Erscheinung treten.

Die Wiederaufbauphase der Stadt ist, wie es Berger/Lauterbach eindruckvoll dokumentiert haben, eine Besonderheit, ja eine Einzigartigkeit Rothenburgs. Wir müssen dieses Bewusstsein in der Öffentlichkeit, in der Stadtverwaltung und im Stadtrat verankern. Erst dann können wir mit einer dem Thema gerecht werdenden Resonanz rechnen und die Bauten des Wiederaufbaus zukünftigen Generationen weitgehend erhalten. Ich sage es noch einmal und deutlich: Der Wiederaufbau und die Neugestaltung unserer Stadt nach 1945 stehen gleichrangig neben der stauferzeitlichen Entstehung Rothenburgs, neben den sakralen Bauwerken, neben der jüdischen Geschichte, den kommunalen Prunkbauten der Renaissancezeit, dem (meist übergangenen) Historismus, den Bestrebungen der Nazis, Rothenburg zu einer deutschen Musterstadt zu machen.
Das zweite Problem, das ich hier ebenfalls nur kurz ansprechen möchte, sind aktuelle Vorhaben zum Energiesparen, die natürlich gerade die in der Nachkriegszeit erbauten Häuser betreffen und womöglich zu einschneidenden Veränderungen an diesen Gebäuden führen werden.

Vor allem der Wärmeschutz, das heißt verbesserte Isolation der Außenwände, wird sicherlich eine große Rolle spielen. Auch aus diesem Grund muss der Denkmalwert des Wiederaufbaus der Bevölkerung, den Behörden und den politischen Entscheidungsträgern stärker vermittelt werden, als dies bisher der Fall war. Erneuerbare Energiequellen sind meines Erachtens für die Zukunft unserer Gesellschaft lebenswichtig, man sollte sie fördern, wo es nur immer geht. Ich habe mich sehr darüber gewundert, dass es vor einigen Jahren nicht möglich war, dem Erweiterungsbau der Realschule Sonnenkollektoren aufzusetzen – aus kleinlicher, hier wohl unangebrachter Rücksicht auf das Stadtbild. Und genauso merkwürdig war die Entscheidung, einem Altstadtbewohner eine kleine Solaranlage im von außen garantiert nicht einsehbaren winzigen Hinterhof zu verwehren. Hier rate ich zu mehr Flexibilität und Mut. Unser Ausschussmitglied Seiferlein hat zudem in einer unserer Sitzungen die Möglichkeit angedacht, außerhalb des historischen Mauergürtels, der natürlich keine überdimensionierten Solardächer vertragen kann, die Hausbesitzer der Innenstadt an großzügig zu planenden kommunalen oder privaten Energieprojekten zu beteiligen.
Im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Baugestaltungsverordnung der Stadt und der unzähligen damit verbundenen Detailfragen ist zu überlegen, ob der Ausbau von Dachgeschossen angesichts der vielen leer stehenden Wohnungen in der Altstadt überhaupt noch notwendig ist.

Noch einmal erwähnen möchte ich auch die nicht wenigen Baulücken in der Altsstadt als Folge des Bombenangriffs von 1945 – bei Berger/Lauterbach kann man nun nachschlagen, wie viele es davon tatsächlich gibt. Freilich sind auch sie inzwischen – und ich meine das nicht einmal ironisch – historische Denkmäler besonderer Art, gelegentlich ist ihnen sogar ein gewisser ruinöser Charme zu eigen, manchmal sind sie jedoch schlichtweg brutale Wunden im Stadtbild. Gewiss werden sie gelegentlich als Privatparkplatz dringend benötigt. Gereichen sie aber der Stadt zur Zierde? Darüber, meine ich, kann man geteilter Meinung sein.

“Unsere Stadt soll schöner werden“. In Anlehnung an die jahrzehntealten Bemühungen des „Blumenschmuckwettbewerbs“ auf den Dörfern, die ich sehr schätze,. könnte man diese Formulierung auch auf unsere Altstadt übertragen. Die Baulücken und die noch immer bestehenden Behelfsbauten der Nachkriegszeit sind das eine Thema. Das andere sind die vor einigen Jahren angeschafften und schon damals in Leserbriefen monierten klobigen Sitzbänke, manchmal eher zufällig und planlos aufgestellt, ferner die quadratisch-praktischen steinernen Blumenkästen in der Altstadt, die nicht selten als Hindernis den Laufbereich der Fußgänger stören und nicht gerade originell wirken Mehr Grün in die Altstadt, jederzeit, aber doch nicht so. Die von der Stadtgärtnerei in der Vergangenheit vorgenommenen Bepflanzungen etwa an der Klingenschütt oder in der „Willi-Förster-Anlage“ vom Röderturm zum Faulturm haben unser Stadtbild erheblich bereichert. Ob das auch für die in der Altstadt herumstehenden Steinkübel zutrifft, bezweifle ich. An einigen Stellen hat man zum Glück damit begonnen, die gut gemeinte, aber letztlich überflüssige und störende Möblierung und Beschilderung zurückzufahren. Man sollte diesen Weg weiter gehen; Rothenburg wirkt durch seine Bauten, seine Straßenzüge, Plätze, seine zahllosen kleinen Ensembles, die nicht umsonst millionenfach fotografiert wurden.

Manche der Überlegungen, die ich Ihnen soeben vorgetragen habe, sind nicht allein in meinem Kopf entstanden. Es waren die Ausschusssitzungen unseres Vereins und viele Gespräche mit Bürgern der Stadt, die mich zum Nachdenken anregten. Besonders hervorheben möchte ich diesbezüglich unseren Stadtheimatpfleger Eduard Knoll, der sich seit langen Jahren nicht nur als kompetenter Architekt um die Erhaltung so manches Rothenburg-Denkmals verdient gemacht hat, sondern auch als wertvoller Berater des Vereins Alt-Rothenburg immer wieder in Erscheinung getreten ist. Robert Hellenschmidts Karikatur im „Fränkischen Anzeiger“, die suggeriert, Knoll sitze zwischen zwei Stühlen – nämlich dem des dem Allgemeinwohl verpflichteten Inhaber eines Ehrenamtes und dem des dem geschäftlichen Eigennutz frönenden freiberuflichen Unternehmers – , lässt einen zwar schmunzeln, aber sie entbehrt der inhaltlichen Grundlage. Knoll wird schon wissen, auf welchem Stuhl er in seiner Tätigkeit für die Stadt zu sitzen hat. In den Jahrzehnten seiner Mitarbeit im Verein hat er bewiesen, dass auf ihn Verlass ist.
Einige wichtige, kenntnis- und teils auch einflussreiche Mitglieder unseres Vereins haben sich in den letzten Jahren von uns zurückgezogen. Ich kenne die Gründe nicht genau, kann nur spekulieren. Aber von der Bodendenkmalpflege über die Mittelalterforschung bis hin zur Pressearbeit können wir es uns eigentlich nicht leisten, in einer so kleinen Stadt wie Rothenburg auf fähige Leute zu verzichten. Ich bitte hiermit, – nein, ich verlange einfach und appelliere an das Pflichtgefühl: Wer sich mit den Zielen unseres Vereins identifizieren kann, der sollte doch bitte bei uns mitarbeiten und nicht im Schmollwinkel seine eigene Suppe kochen, sollte möglicherweise geschehene Verletzungen und Frustrationen nicht so ernst nehmen oder vergessen.

Die Frage ist: Was zählt mehr? Persönlicher Ärger oder das gemeinsame Ziel? Die Antwort liegt für mich auf der Hand.
Es folgen nun ein paar kleinere Beobachtungen zu dem, was ich im letzten Jahr gehört und gesehen habe.

Das Brauhaus geht weiter einer unsicheren Zukunft entgegen. Seine noch erhaltene (denkmalpflegerisch nicht unwichtige) Substanz sollte man schon sichern. Ein weiterer Verfall ist indiskutabel, hier ist die Stadt in der Verantwortung, egal, welche zukünftige Nutzung des Geländes einmal erfahren wird. Das jüdische Leichenhaus an der Würzburger Straße befindet sich in der Obhut der Stadt. Zumindest notdürftige Sicherungsmaßnahmen sollten, wenn sie nötig werden, den Stadtsäckel nicht überfordern. Das Gebäude ist einfach ein Denkmal, das man ohne großen Aufwand erhalten kann. Die Bemühungen der Stadt um ihre jüdische Vergangenheit sollten auch an diesem unscheinbaren Haus fortgesetzt werden, wenn es nötig wird. Verfallen lassen darf man das Gebäude jedenfalls nicht. Noch einmal zum Bezoldweg: Der Bereich um das Kummereck darf bei einem eventuellen Ausbau der Straße nicht angekratzt werden. Hier befindet sich der letzte Rest der der mittelalterlichen Stadtmauer vorgelagerten Artilleriestellungen. Man sollte bei Heller, „Rothenburg in Wehr und Waffen“, nachlesen, bevor man Planungen vornimmt.

Die neue Mauer in der unteren Judengasse, die das große Ausgrabungsgelände nun umschließt, in dem vor einigen Jahren erstmals die älteste Stadtmauer bis zu ihren Fundamenten ergraben wurde, erfreut nicht unbedingt durch ästhetische Vollkommenheit.

Die Straßenzüge im Gebiet unmittelbar außerhalb der Stadtmauern haben wir uns in den letzten Jahren ein bisschen genauer angesehen. Bauten des Historismus und der gar nicht so bescheidenen Industrialisierungsphase Rothenburgs sollten uns durchaus interessieren. Wenn nun z. B. eine Bankfiliale in der Ansbacher Straße eine etwas grelle Fassadengestaltung an einem alten Fabrikverwaltungsgebäude vornimmt, mag man sich zwar lustig machen, aber richtig lachen kann man darüber nicht. Banken und Architektur – ein Kapitel für sich.

Mein Rückblick auf das Toppler-Jahr 2008 fällt insgesamt positiv aus. Man hat das große Thema, auf das man ohne die Initiative unseres Vereins wohl gar nicht aufmerksam geworden wäre, seitens der Stadt zunächst mit zurückhaltendem Interesse, dann leider reichlich verspätet vorbereitet, es wurde viel geredet und wenig getan. Herausgekommen sind dann allerdings vielfältige Initiativen, gebündelt und angeschoben nicht zuletzt durch das engagierte Wirken von Frau Saalmüller, die kurzzeitig von der Stadt angestellt wurde und ihr Amt sehr kompetent und tatkräftig ausfüllte. Das große Ereignis, das Rothenburger „Wir-Gefühl“, die bedeutende, regional und überregional beachtete Veranstaltung – die fehlte allerdings. Auch die von Herrn Kamphans im Auftrag der Stadt mustergültig in Szene gesetzte Präsentation des gängigen Klischees weitgehend verhafteten Topplerfilms des Bayerischen Rundfunks in der Reichsstadthalle erreichte eben nur einen eher kleinen Kreis der städtischen „Szene“, des „Establishments“ der geladenen Gäste und beileibe nicht die Mehrzahl der Rothenburger.

Dennoch: So schlecht geschlagen hat sich das Toppler-Jahr nicht, das Pathos früherer Jubiläumsfeiern fehlte zum Glück vollständig, es gab viele kleine Aktivitäten in Stadt und Land – zu denen auch wir etwa mit der von Herrn Mall organisierten und außerordentlich gut besuchten Fahrt zum Landturm bei Lichtel beigetragen haben. Das Rätsel Toppler wurde sicherlich nicht gelöst. Ein bisschen weitergekommen sind wir trotzdem.

Auch das Toppler-Theater, das Skeptiker sehr positiv überraschte, soll nicht vergessen werden. Man muss dem Kulturforum Anerkennung aussprechen, für das, was es geleistet hat. Ein stimmungsvolles kleines Theater ist in Rothenburg entstanden, engagierte junge Schauspieler haben ihr Bestes gegeben, eine einfallsreiche Regie hat das Toppler-Stück unterhaltsam und spannend inszeniert, die überholte Heldenverehrung für Toppler blieb uns erspart.
Der Tauber-Mühlenweg, vom „Mühlenverein“ Schritt für Schritt weiterentwickelt, ergänzt das touristische Rothenburg-Programm und trägt zur Erweiterung und Schärfung des Rothenburger „Geschichtsgefühls“ ebenso wie die maßgeblich von Pfarrer Gussmann getragene Initiative unter dem Dach des Evangelischen Bildungswerks, die die jüdische Vergangenheit Rothenburgs besser darstellen möchte. Beiden bieten wir Rat und Zusammenarbeit an.

Am Tag des offenen Denkmals 2008 beteiligten wir uns wiederum mit recht gutem Erfolg. Den engagierten Vereinsmitgliedern, die die Führungen durchgeführt haben, möchte ich hier danken.

Die traditionelle historische Forschungsarbeit des Vereins wurde in gewohnter Weise fortgesetzt. Dr. Schnurrer betreut nach wie vor dankenswerterweise und hoffentlich noch lange die „Linde“. Professor Borchardt hat uns leider verlassen, aber mit dem neuen Stadtarchivar Herrn Fieg haben wir einen jungen, seriös und kompetent arbeitenden Nachfolger gefunden, der der Stadt und dem Verein wohl noch vielfachen Nutzen bringen wird.

Nicht zuletzt gehört hierher die Reihe unsere wissenschaftlichen Vorträge, die vor rund 40 Jahren Ludwig Schnurrer begründet hat. Ich will es Ihnen nicht vorrechnen, aber es waren vielleicht 150, womöglich fast 200 dieser Veranstaltungen, die er für den Verein organisiert hat. Was will man dazu sagen außer: Respekt und vielen Dank seitens des Vereins! Im vergangenen Winterhalbjahr hat bei unserer Vortragsreihe zum einen Stadtarchivar Oliver Fieg Verantwortung übernommen und viele Aufgaben übernommen. Ich möchte mich bei ihm dafür sehr bedanken und gehe davon aus, dass er sich auch weiterhin für den Verein engagieren wird.

Zum anderen gab es wieder eine ersprießliche Zusammenarbeit mit Pfarrer Gussmann und dem Evangelischen Bildungswerk. Er organisierte für uns zwei von jungen Wissenschaftlerinnen gehaltene, beeindruckende Referate, die uns vielleicht ein bisschen daran erinnert haben, dass es durchaus kein Schaden sein kann, gelegentlich über unsere Heimat Franken hinaus in die Ferne zu schauen und teilzunehmen an der aktuellen sicherlich oft noch nicht zum Abschluss gekommenen und oft kontroversen wissenschaftlichen Diskussion.
Frau Dr. Mailänder-Koslov aus Essen referierte über Nazi-Täter und Täterinnen, die in den Konzentrationslagern ihre unmenschliche Arbeit verrichteten, die sie wohl als „Dienst“ verstanden. Die Frage tauchte auf: Könnte das, was damals geschah, auch heute wieder passieren? Ihre Erklärungsversuche deuten an, dass autoritäre Strukturen in Politik und Gesellschaft zu jeder Zeit derartige Exzesse von Gewalt und Terror möglich machen würden.
Frau Stefanie Fischer aus Berlin sprach aus Anlass der vor 70 Jahren erfolgten Vertreibung der Rothenburger Juden über das Thema „Von Schmusern, Kissingers und anderen. Jüdische Viehhändler in Mittelfranken“. Das Phänomen des fränkischen Landjudentums, dessen Angehörige sich als Hausierer, Klein- und vor allem Hopfen-, Wein- und Viehhändler in ihrer christlichen Umgebung behaupteten, wurde von der Referentin plastisch dargestellt. Auch Rothenburg besaß nach 1871 wieder eine kleine jüdische Gemeinde. (Betsaal in der Herrengasse, seit einem halben Jahr gottseidank durch ein Hinweisschild gekennzeichnet) Deren Mitglieder lebten als Kleinunternehmer, als Viehhändler, wie etwa die Familie Mann in der Adam-Hörber-Straße. Die Manns waren offenbar wirtschaftlich erfolgreich, gehörten wie die andere Juden in Rothenburg einfach dazu, beschäftigten nichtjüdische Angestellte. Im März 1933 wurde die Familie von den Rothenburger Nazis terrorisiert. Die Firmeninhaber kamen in „Schutzhaft“, das Haus wurde offenbar wochenlang isoliert, Frau Mann beging Selbstmord, ihr Mann kam in die Nervenheilanstalt, die Firma geriet in Konkurs. Im historischen Bewusstsein Rothenburgs hat dieser Gewaltexzess noch nicht seinen gebührenden Platz gefunden. Die Wege der Rothenburger Familie führten nach Auschwitz, aber auch in die USA. Noch erinnern sich viele ältere Rothenburger an ihre jüdischen Nachbarn, und es zeigt sich, dass vieles an Detailforschung nötig sein wird, bis man das Schicksal der Rothenburger Juden im 20. Jahrhundert genauer kennen wird. „Gras“ wird über die Sache noch lange nicht wachsen, denn dazu müsste man erst einmal den Boden gründlich bearbeiten.

Dr. Möhring stellte den Fotografen Richard Wagner vor, der von 1946 bis 1963 auch Vorsitzender des Vereins Alt-Rothenburg war. Sein Nachlass befindet sich im Reichsstadt-Museum und wird allmählich gesichtet. Aus den Beständen konnte Dr. Möhring ein plastisches Porträt des Menschen Richard Wagner zeichnen und zugleich auf seine Bedeutung als fotografischer Chronist seiner Zeit hinweisen, die neben dem Werk von Alfons Ohmeyer bisher kaum gewürdigt worden ist. Dem Museumsleiter sei herzlich dafür gedankt, dass er diesen Nachlass so vorzüglich betreut, ebenso den beiden Neffen von Richard Wagner für die uneigennützige Überlassung dieser wertvollen Bestände, beide übrigens langjährige Vereinsmitglieder. Falls Sie es noch nicht wissen sollten: Im Reichsstadtmuseum wird gute Arbeit geleistet – unter nicht ganz einfachen Bedingungen. Sie können das ruhig weitersagen, ein bisschen Rückenwind tut jedem gut.

Dr. Kreutzer, der Archivpfleger des Hohenlohe-Kreises, sprach über den Fürsten Ernst II. von Hohenlohe-Langenburg, weniger bekannt zwar als unser Schillingsfürster Reichskanzler, aber mit seiner Biographie, die vom Kaiserreich bis in die Bundesrepublik reicht, ein typischer Vertreter einer politisch wie gesellschaftlich überaus einflussreichen Kaste, die vieles maßgeblich prägte, schließlich aber einen stockkonservativen, antidemokratischen Weg einschlug und zuletzt den Verlockungen des Nationalsozialismus teilweise erlag.

Den Abschluss unserer Reihe bildeten Dr. Schnurrers Ausführungen über Heinrich Toppler als „Wirtschafter“. Der Besitz des großen Bürgermeisters wurde detailliert analysiert und bewertet, seine Stellung in der Stadt als größter bürgerlicher Grundherr und sein Weg dahin erläutert. Es wurde jedem Zuhörer klar, in welchem Maß sich Toppler durch seine erfolgreiche „Betriebsführung“ als Gastwirt, Händler und Immobilienbesitzer großen Stils auch den Neid seiner Rivalen in der Stadt zugezogen haben muss.

Die Selbstdarstellung der Stadt in Werbeprospekten erscheint mir nach wie vor gelegentlich altbacken, wenig einfallsreich. Meist verharrt man in ausgefahrenen Geleisen, setzt auf das Bewährte. Man muss ja nicht alles über Bord werfen, aber Ergänzungen des Bildes, das die Stadt ihren Besuchern vermitteln möchte, könnten nicht schaden. Der Wiederaufbau nach 1945, die jüdische Geschichte, die NS-Zeit, die Entdeckung der Stadt durch den Tourismus, wie ihn Michael Kamp (mit polemischen Untertönen) und Joshua Hagen (schon deutlich seriöser) in ihren Arbeiten in aller Ausführlichkeit dokumentiert haben – all das und vieles mehr und nicht zuletzt die Verzahnung der alten Reichsstadt mit ihrem Umland machen doch Rothenburg aus. Barbarossa, Heinrich Toppler, die Stadtmauer und der Meistertrunk in allen Ehren. Aber nicht zuletzt durch die Arbeit unseres Vereins haben sich neue Gesichtspunkte ergeben, die man auch in der Tourismuswerbung aufgreifen sollte.

In einer Ausschusssitzung wurde nach der Internet-Seite des Vereins gefragt. Es gehört offenbar zum heutigen Standard, dass ein Verein wie der unsere über einer informative und attraktive Homepage verfügt. Sie werden heute abend noch erleben, wie Herr Ehnes unseren Internetauftritt neu gestaltet hat. Mit dieser Ankündigung schließe ich den heurigen Jahresbericht und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Dr. Richard Schmitt
Schriftführer des VAR