Jüdisches Rothenburg

Jüdisches Rothenburg

von Oliver Gußmann

 

Wir bedanken uns herzlich bei Pfarrer Dr. Oliver Gussmann, der uns das Manuskript des von ihm verfaßten Büchleins „Jüdisches Rothenburg ob der Tauber“ hier zur Verfügung gestellt hat.

Am Ende des Textes finden sich Hinweise und Literturangaben.
Wer Interesse an dem Büchlein hat, möge sich bitte an uns wenden.

Einleitung

Im Jahr 1180 wird in Würzburger Quellen erstmals ein Jude aus Rothenburg namens „Samuel Biscoph“ erwähnt. Mit „Judenbischof“ bezeichneten christlichen Behörden früher den Repräsentanten, Verwalter und Richter der jüdischen Gemeinde. Seine Herkunft lässt vielleicht auf eine schon in der ersten Besiedlungszeit Rothenburgs (um 1147) bestehende jüdische Gemeinde schließen. Die Stadtgeschichte kennt Zeiten relativer Duldung, aber auch Zeiten, in denen jüdische Stadtbewohner brutal verfolgt und ermordet wurden. Die Stadt erlebte eine Hochblüte jüdischer Kultur, als der berühmte Talmud-Gelehrte Rabbi Meir ben Baruch in der Mitte des 13. Jahrhunderts hier lehrte. Vom jüdischen Leben des 13. und 14. Jahrhunderts erzählen die Grabsteine, die heute im Reichsstadtmuseum aufgestellt sind. Seit der völligen Vertreibung 1520 war es Juden verboten, sich in Rothenburg anzusiedeln. Erst ab 1870 wohnten wieder Juden in Rothenburg, bis sie 1938 durch den unter den Rothenburgern geschürten nationalsozialistischen Rassenhass erneut vertrieben wurden.

Kapellenplatz – erstes Jüdisches Viertel

Im Bereich des heutigen Kapellenplatzes wohnten die Rothenburger Juden des 13. Jahrhunderts in einer günstigen Wirtschafts- und Verkehrslage. Sie hatten eine Synagoge, eine zweistöckige Talmudschule mit 21 Zimmern und einem Lehrsaal, ein „Judentanzhaus“ (Festsaal) und eine Mikwe (jüdisches Ritualbad). Der Friedhof befand sich außerhalb der damaligen nördlichen Stadtmauer am heutigen Schrannenplatz. Der jüdische Bevölkerungsanteil betrug knapp 10%. Hier wohnten ein Mazzenbäcker, ein Schächter (Schlachter), ein Judenkindschulmeister, ein Arzt, ein Schulklopfer (zeigt mit einem hölzernen Klopfer den Sabbatbeginn an) und ein Vorbeter. Infolge des Zinsverbots für Christen lag ein guter Teil der Geldwirtschaft in jüdischer Hand. Die so genannte kaiserliche „Kammerknechtschaft“ gewährte Juden seit dem Jahr 1236 einen besonderen Schutz, verpflichtete sie aber auch zu hohen Abgaben. Diese Sonderstellung und die religiöse Pflichterfüllung verhinderte eine weiter gehende Integration in die christliche Bevölkerung. Die Gemeinde des ersten jüdischen Viertels entstand immer wieder neu, obwohl sie mehrere Verfolgungswellen erdulden musste: Das so genannte Rintfleisch-Pogrom 1298, judenfeindliche Ausschreitungen in den Jahren 1336-1342 und die Pestverfolgungen ab 1348/49, bei denen Juden unter dem Vorwand der Brunnenvergiftung ermordet wurden, wenn sie nicht rechtzeitig fliehen konnten.

Übrigens: Der sechszackige Brauereistern im Pflaster und im Aushängeschild des Gasthofs Butz hat nichts mit dem so genannten Davidstern zu tun, wie ihn auch die israelische Flagge trägt. Als jüdisches Symbol wurde der Davidstern erst im 16. Jahrhundert in Prag verwendet.

Nach dem Neubau einer Synagoge 1404 am Judenkirchhof (Schrannenplatz) kaufte der Bürger Peter Kreglinger d.Ä. die alte Synagoge und das Lehrhaus. Er machte aus der alten Synagoge eine Marienkapelle und aus der Talmudschule ein „Seelhaus“, das gegen Ende des 15. Jahrhunderts neu gebaut wurde. Das Seelhaus, auch der Elenden Herberge genannt, war das Wohnhaus einer christlichen Laiengemeinschaft, die sich besonders um Arme und Kranke kümmerte. Die Häuser des Kapellenplatzes wurden leider alle beim Bombenangriff am 31. März 1945 zerstört.

Rabbi Meir ben Baruch

An der Wand des Hauses Kapellenplatz Nr. 5 erinnert eine Bronzetafel an Rothenburgs berühmtesten Lehrer Rabbi Meir ben Baruch, der um 1215 in Worms zur Welt kam. Er studierte in Würzburg, Mainz und Paris bei den besten jüdischen Lehrern seiner Zeit. Als Rabbi Meir 1240 in Paris weilte, regte der französische König Ludwig IX., der „Heilige“, an, dass Rabbi Meirs Lehrer, Rabbi Jechiel, den Talmud bei einer Disputation verteidigen sollte. Der Talmud ist, vereinfacht gesprochen, die maßgebliche jüdische Auslegung und Kommentierung der Hebräischen Bibel, insbesondere der Fünf Bücher Mose. Das Ergebnis der Disputation stand von christlicher Seite jedoch schon vorher fest: Das Judentum sollte sich als unterlegen erweisen. Rabbi Meir musste erschüttert mit ansehen, wie man in Paris 24 Wagenladungen von Talmudhandschriften verbrannte. Weinend schrieb er das Klagelied: „Scha’ali serufa ba’esch“ („Frage, im Feuer Verbrannte, nach der Trauernden Wohl, die zu wohnen verlangen im Hof deiner heiligen Wohnung, die schmachten im Staub der Erde und leiden, die verstört sind wegen des Brandes deiner Rollen …“). Das Lied wird noch heute am 9. Aw, dem Gedenktag der Zerstörung des Tempels, in der jüdischen Liturgie gebetet.

Rabbi Meir kam wenige Zeit später nach Rothenburg und scharte dort eine sehr große Schülerschar um sich. Sein Ehrenname hieß „der Maharam“ – was „unser Lehrer, der Rabbi Meir“ bedeutet. Seine Schüler sammelten über tausend „Responsen“, mit denen er auf briefliche Anfragen jüdischer Gemeinden antwortete. Meirs Antworten zeichnen ein detailliertes Bild von jüdischen Alltagsproblemen im Mittelalter, von Eheschließung und -scheidung, vom Verhalten zu Nichtjuden, vom Steuerrecht und von jüdischen Bräuchen.

Fast vierzig Jahre lang wirkte Rabbi Meir in Rothenburg. Doch 1286 plante er auszuwandern, vielleicht ins Land Israel. Was ihn zur Auswanderung bewog, weiß keiner genau. Mögliche Gründe könnten die erdrückend hohen Steuerforderungen des Rudolf von Habsburg (1273-1291) gewesen sein oder die Verfolgungen nach Ritualmordanklagen, die zu dieser Zeit von Christen gegen Juden erhoben wurden. Auf dem Weg nach Venedig wurden Meir und seine Familie verraten und verhaftet, weil sie sich ohne Erlaubnis aus seinem Territorium entfernen wollten. Sieben Jahre verbrachte Meir in Geiselhaft im Turm der Festung von Ensisheim im Oberelsaß, er durfte jedoch weiterhin mit Gelehrten korrespondieren. Er verbot den jüdischen Gemeinden, ihn gegen Lösegeld freizukaufen, damit dies nicht Schule machte. Am 27. April 1293 starb Rabbi Meir in Gefangenschaft. Erst vierzehn Jahre später setzte der Kaufmann Alexander ben Salomo von Wimpfen sein gesamtes Vermögen ein, um die sterblichen Überreste von Rabbi Meir auszulösen und sie auf dem Judenfriedhof von Worms bestatten zu können. Beide erhielten ihr Grab direkt nebeneinander.

Das Rabbi Meir-Gärtchen

In früherer Zeit stand neben dem Weißen Turm das zweite Judentanzhaus (erbaut um 1400) des neuen jüdischen Viertels in der Judengasse. Die Eigenständigkeit und das Selbstbewusstsein der jüdischen Gemeinde um 1400 zeigt das eigene Siegel des jüdischen Ratskollegiums (Titelbild), das vielleicht im Judentanzhaus tagte. Das heutige Gebäude ist nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut worden. In die Mauer des Gärtchens sind die Nachbildungen einiger Grabsteine aus dem 14. Jahrhundert eingelassen. Sie standen ursprünglich auf dem „Judenkirchhof“ (heute „Schrannenplatz“). Die Gedenktafel des Rothenburger Künstlers Peter Nedwal wurde im November 2002 angebracht.

Judengasse – zweites Jüdisches Viertel

Nach dem Untergang des Judenviertels am Kapellenplatz um 1349 verzeichnen die Steuerlisten ab 1375 wieder eine rasch ansteigende jüdische Bevölkerungszahl. Das Eigentumsrecht über die Juden und ihre Häuser hatte König Karl IV. 1353 der Stadt Rothenburg übertragen. Bekannte Rothenburger Rabbiner jener Zeit waren der Hochmeister der Juden Rabbi Mendel und Rabbi Israel ben Isaak. Zur Zeit des bedeutenden Bürgermeisters Heinrich Toppler (gest.1408) gehörten Juden zu den wohlhabenden und hohe Steuern zahlenden Bürgern. Diese Sondersteuern waren nichts anderes als erpresste Schutzgelder, durch deren Zahlung Juden Verfolgungen vermeiden konnten. Das Geld wurde zum Bau der zweiten Stadtmauer verwendet, die somit auch ein indirektes Zeugnis für die jüdische Vergangenheit Rothenburgs ist. Die Juden siedelten nun auf dem Gelände des zugeschütteten Stadtgrabens im Norden der Stadt. Die so entstandene Gasse trägt ihren Namen „Judengasse“ seit 1371. Zwölf Fachwerkhäuser sind allein vor 1500 entstanden. Die Gasse gilt in Fachkreisen als die „einzige noch erhaltene spätmittelalterliche Judengasse in Europa“. Juden und Christen wohnten hier nebeneinander. Die Gasse war kein Ghetto. Die für jüdische Häuser typischen Einkerbungen an den rechten Türpfosten für die „Mesusot“ (Kapseln mit dem schriftlichen Gebot, Gott zu lieben) sind verloren gegangen. Bemerkenswert sind die beiden runden Türbogen am Haus Nr. 15/17, die wie Gebotstafeln aussehen (Titelblatt). Im Keller des Hauses Nr. 10 befindet sich eine kleine, etwa zwei Meter tiefe Mikwe (Ritualbad) aus dem frühen 15. Jahrhundert, die man im Reichsstadtmuseum als Modell betrachten kann. Fünf Stufen führen zu dem Wasserbecken hinunter, das noch heute mit Grundwasser gefüllt ist. Wahrscheinlich befand sich in diesem Gebäude auch eine Mazzenbäckerei. Im Haus Nr. 12 war vielleicht die Metzgerei und in Nr. 19/21 oder Nr. 23/25 eine jüdische Schule.

Im Ausgrabungsgelände an der Ecke Judengasse/Deutschherrngasse hat man einige jüdische Gegenstände im Schutt gefunden: einen Treidel (Drehwürfel) und ein kleines Wasserbecken mit einer Kanne aus Ton. Gelangt man schließlich zum unteren Ende der Judengasse, weist an der linken Hausmauer vor dem Doppelbrunnen eine Tafel auf das Jüdische Viertel hin.

Der „Judenkirchhof“ am Schrannenplatz

In der Nähe des Judenkirchhofs befand sich ab 1407 die neue Synagoge des zweiten Jüdischen Viertels. An der Ecke des Hauses neben dem Gebäude Nr. 15, schräg gegenüber der Schranne, befindet sich in etwa drei Metern Höhe kaum mehr leserlich die Inschrift Judenkirchhof. Dies ist eine früher von Christen häufig verwendete Bezeichnung für einen jüdischen Friedhof. Erst etwa 1958 wurde dieser Platz in Schrannenplatz umbenannt. Das althochdeutsche Wort scranna bezeichnet den Getreidemarkt und -speicher, der hier ab 1589 stand. Heute dient dieser Platz als Parkplatz.

Nach der Zeit Topplers wurde die jüdische Bevölkerung mit immer neuen und hohen Steuern belastet. Kaiser Sigismund forderte 1414 von den Rothenburger Juden 2000 Gulden als Steuern. 1435 wurde das Verbot für Christen, Zinsen zu nehmen, aufgehoben. Daraufhin verarmte die jüdische Bevölkerung zunehmend und viele wanderten ab. 1478 versagte die Stadt im „Neuen Geding“ ihre Hilfe beim Eintreiben von Zinsforderungen. Hinzu kamen religiöse Repressalien. Der fanatische Prediger Johannes Teuschlein hetzte die christliche Bevölkerung gegen die jüdische auf. Ende 1519 entschied dann der Rat der Stadt, dass die Juden bis Lichtmess (2. Februar) 1520 Rothenburg verlassen haben mussten. Die Synagoge wurde am 8. Januar 1520 geplündert. Die letzten sechs jüdischen Familien flohen aus Rothenburg. Der Friedhof wurde fortan als christlicher Friedhof verwendet. Die Synagoge erhielt einen Ostchor und wurde am 10. April 1520 als Kapelle zur reinen Maria geweiht. Sie stand nicht lange: Schon im Bauernkrieg 1525 wurde sie zerstört, ihre Mauern wurden 1560 eingerissen und als Baumaterial für die neue Friedhofskirche vor dem Rödertor verwendet.

Die Glasfenster im Ostchor
der St.-Jakobs-Kirche

Auch die christliche Kunst des Mittelalters gibt manchmal verborgene Hinweise auf die christlich-jüdischen Beziehungen. Das südliche Glasfenster im Ostchor der St.-Jakobs-Kirche lässt sich am besten bei Sonnenschein vormittags um 11 Uhr betrachten. Dieses Glasfenster wurde um 1390/1400 wahrscheinlich in Nürnberg gefertigt, also während der Zeit von Bürgermeister Toppler. Der dritte Bildabschnitt von unten erzählt die Speisung des Volkes Israel mit Manna vom Himmel.

Als aber die Taufeuchte aufgestiegen war, sieh: Da lag etwas auf der Oberfläche der Wüste, fein, körnig, so fein wie der Reif auf der Erde. Als die Kinder Jisraël es sahen, sprach einer zum anderen: „Man hu – was ist das?“ Denn sie wussten nicht, was es war. Da sprach Mose zu ihnen: Das ist das Brot, das der Ewige euch zu essen gegeben.“ (2. Buch Mose 16,14-15, Übersetzung von N.H. Tur-Sinai)

Auf halber Höhe des Kirchenfensters erblickt man ein gemaltes gotisches Kirchengewölbe, das bis in den Himmel hinaufragt. Die gemalte Kirche besitzt eine bestirnte blaue Decke, die Seitenwände sind mit roten Rauten gemustert. Auf dem Boden dieser Kirche stehen die Israeliten, die wie Juden im Mittelalter mit Judenhüten gekleidet und mit Hakennasen typisiert sind. Trotz der klischeehaften Darstellung scheinen sich in dem kirchlichen Glasfenster Toleranz und Distanz gegenüber Juden die Waage zu halten.

Das 4. Laterankonzil von 1215 hatte Juden dazu verpflichtet, sich durch ihre Kleidung von der übrigen Bevölkerung zu unterscheiden, unter anderem, um religionsübergreifende Ehen zu vermeiden. Daraufhin mussten Juden einen gelben oder roten Judenhut oder einen gelben Ring am Mantel tragen. Der Judenhut ist ein trichterförmiger Hut, der nach oben spitz zuläuft und mit einer kleinen Kugel endet. Jüdinnen sollten ein Band an der Haube und einen gelben Ring am Mantel tragen. Später wurden dies Zeichen der Ausgrenzung: In Rothenburg gab es 1511 ein Ratsedikt, das die Juden zwang, ein Abzeichen an der Kleidung zu tragen. Während der Nazizeit mussten Juden einen gelben Stern tragen.

Von einem himmlischen Balkon, ganz oben im Bild, werfen fünf grün gekleidete Engel fränkische Spitzwecken und Laugenbrezeln zu den Israeliten hinunter. Das Fensterbild ist von den Eucharistielehren deutscher Mystiker her zu verstehen: Man sah in der Speisung der Israeliten eine Vorausdarstellung des christlichen Abendmahls bzw. der Eucharistie. Diese so genannte „typologische Darstellung“ vereinnahmt und verengt eineerseits den Sinn der biblischen Mannaerzählung. Andrerseits dürfen die Israeliten innerhalb der Kirche die Judenhüte aufbehalten, ohne zum christlichen Glauben konvertieren zu müssen. Weitere Bilder mit jüdischem Bezug in der St.-Jakobs-Kirche sind:

Die Darstellung von Jesu Geburt im Mittelfenster (1350; 5. Bildzeile von unten, zweites Bild von links) zeigt Joseph, den Vater Jesu, mit Judenhut.

Ein Bild von der Beschneidung Christi im Zwölf-Boten-Altar (1466; linker Flügel, rechts unten) stellt die Aufnahme Jesu in den Bund Gottes mit Israel dar.

Vor dem Altar links ist ein Sakramentshäuschen von 1400 zu sehen. Darunter ist die Grablegung Christi in Stein dargestellt. Jesus wird von einem Juden (Joseph von Arimathia mit Judenhut) und einem Heiden (mit persischer Kopfbedeckung) ins Grab gebettet.

Judaica-Abteilung des Reichsstadtmuseums

Das Herzstück der Judaica-Sammlung (Raum 6) sind 30 der insgesamt 47 erhaltenen mittelalterlichen jüdischen Grabsteine aus der Zeit von 1266 bis 1395. Aus Rothenburg stammt das Siegeltypar der jüdischen Gemeinde Rothenburgs von 1410 (s. Titelblatt), eine „Backofen-Krücke“ und ein Chanukkaleuchter aus Eisenblech. Darüber hinaus sind wertvolle Ritualgegenstände zu sehen, die aus dem Kunsthandel zugekauft wurden.

In Raum 4 werden zwölf Bildtafeln der Rothenburger Passion gezeigt: Der Vorsteher des Franziskanerklosters Martinus Schwarz hat sie 1494 gemalt. Gerade das Bild Ecce homo widerspiegelt die christliche Judenfeindschaft im Spätmittelalter: Juden werden als Todfeinde Jesu dargestellt: Das Volk fordert mit gekreuzten Fingern den Tod Christi. „Kreuzige ihn!“ ist am Torbogen in lateinischer Sprache zu lesen. Während dieser Zeit wütete in Rothenburg eine Pestepidemie. Die Vertreibung der Juden aus Rothenburg wurde nur durch den königlichen Judenschutz verhindert.

Zu den Ausstellungsobjekten gehört der älteste Grabstein Rothenburgs. Die Übersetzung lautet: „Dieser Stein wurde aufgestellt. Levi, der Armselige, errichtete ihn zum Haupt seiner Tochter, trauernd um die Vortreffliche, weil sie ihr Leben vollendete. Das junge Mädchen, die liebliche Frau Abigail …, sie starb am 26. gemäß der kleinen Zählung. Zu ihrer Welt ging sie. Am Donnerstag ist sie, in gutem Rufe stehend, verschieden, im Monat Tevet, am 26. Tag. Möge ihre Seele im Garten Eden mit den gerechten Frauen der Welt ruhen. Amen Amen Amen Sela.“

Burggarten – Ort der bitteren Klage

Im Burggarten erinnert ein 1998 aufgestelltes Denkmal an der Außenwand der Blasiuskapelle an das Pogrom (Judenverfolgung), das 1298 ein Metzger oder Scharfrichter namens Rintfleisch aus dem nahe gelegenen Röttingen anzettelte. Unter dem Vorwand einer angeblichen jüdischen „Hostienschändung“ zogen Rintfleisch und seine Totschläger durch Franken, bis sie auch Rothenburg heimsuchten.

Dort flohen am 18. Juli 1298 etwa 450 jüdische Menschen auf die Reichsburg und hofften auf den versprochenen Schutz des Königs. Nach drei Tagen Belagerung erstürmten die Verfolger die Burg und ermordeten schonungslos alle Juden, auch 178 Kinder. Dabei wurde auch Abraham ben Baruch, der Bruder des Rabbi Meir, zusammen mit seiner Frau und zwei Töchtern erschlagen. Es ist möglich, dass manche christliche Rothenburger ihre jüdischen Nachbarn versteckten, dass aber auch andere diese Gelegenheit nutzten, um sich bei den Juden zu „entschulden“. Insgesamt haben damals die Fanatiker in Rothenburg, Würzburg, Nürnberg, Nördlingen und Bamberg fast 5000 Juden umgebracht. Die historische Inschrift des Gedenksteins lässt keinen Zweifel daran, was damals geschah.

„Mit bitterer Seele eine bittere Klage, weil wir vergaßen die ersten Verfolger. Um ihrer zu gedenken, meißelte ich auf eine steinerne Tafel die Märtyrer Rothenburgs ein, die getötet und verbrannt wurden wegen der Einzigkeit Gottes im Jahre 58 gemäß der kleinen Zählung am 19. Tammus. Und auf der Burg außerhalb der Stadt machten die Einwohner der Stadt ein Ende, indem sie Feuer entzündeten und töteten. Und es endeten von uns Alt und Jung. Am 12. des fünften Monats des sechsten Jahrtausends hörte meine Freude auf und am dritten Tag wird er uns in Freiheit entlassen. Dann wird kommen mein Erlöser und mein Heiliger.Amen. Amen. Amen.

Der Stein wurde 1914 zusammen mit 32 anderen jüdischen Grabsteinen am Schrannenplatz ausgegraben. Sie waren dort mit Mörtel verbunden und zu einer Mauer aneinandergereiht.

Hinweis zur „Hostienschändung:“ Der falsche Vorwurf der Hostienschändung lautete beispielsweise, Juden hätten versucht, Hostien (also den eucharistischen Leib Christi) zu stehlen und in einem Mörser zu zerstampfen, bis Blut aus den Hostien geflossen wäre.

Es lohnt sich auch ein Blick in die Kapelle: Sie wurde 1397 aus Resten der alten Stauferburg gebaut. Heute ist in ihr ein Gefallenendenkmal, das an die Toten der Weltkriege erinnert. Auch zwei Rothenburger jüdischen Glaubens werden genannt: Hans Löwenthal und Moritz Gottlob.

Die neue Synagoge in der Herrngasse

1861 erhielten alle Juden in Bayern die Erlaubnis, den Wohnort frei zu wählen. In der Reichsverfassung von 1871 wurden jüdische und christliche Bürger schließlich staatsbürgerlich gleichgestellt. Die ersten Juden, die nach Jahrhunderten wieder in Rothenburg sesshaft wurden, waren im Jahr 1870 die Familien Hermann und Strauß aus Niederstetten. 1875 gründeten acht Familien eine Kultusgemeinde und beriefen als Religionslehrer Moses Hofmann aus Zeckendorf. Er wirkte über fünfzig Jahre in Rothenburg. Als er 1926 von allen Seiten hoch geehrt in den Ruhestand ging, zog er zu seiner Familie nach Würzburg und starb 1929.

Die Gemeindegliederzahl wuchs bis 1910 auf einhundert jüdische Einwohner an (bei 8612 Menschen Gesamtbevölkerung in Rothenburg). 1933 war die Anzahl jüdischer Bürger wieder auf 45 gesunken. Unmittelbar nach der Gemeindegründung muss eine regelrechte Aufbruchstimmung geherrscht haben, denn es wurden kurz nacheinander drei Vereine gegründet: 1876 eine „Unterstützungskasse für arme durchreisende Juden“, 1878 eine Heilige Schwesternschaft bzw. ein „Israelitischer Frauenverein“, der sich der Krankenpflege und der Wohltätigkeit widmete; im gleichen Jahr wurde eine „Arbeitsgemeinschaft für jüdische Geschichte“ gebildet, was auf ein Bewusstsein der Rothenburger Juden für den Wert der eigenen Geschichte und Kultur schließen lässt.

Die „israelitische Cultusgemeinde“ erwarb 1888 das Haus Herrnmarkt Nr. 40 (heute: Herrngasse 21/Ecke Heringsbronnengässchen) und baute es zu einer Synagoge um: Unten befanden sich der Betsaal, im ersten Stock Lehrerwohnung und Schulzimmer. Aus einem Waschhaus entstand eine Mikwe (Ritualbad).

Synagoge Herrngasse 21: Es existiert eine Architektenzeichnung von 1888, Grundriss des Betsaals: Im Erdgeschoss führten zwei getrennte Eingänge für Frauen und Männer in den Betsaal, der nach Osten ausgerichtet war. Das hintere Drittel mit vier gepolsterten Bänken für die Frauen war – wie in orthodoxen Synagogen üblich – durch ein Gitter vom Männerbereich mit fünf Bänken abgetrennt. Im Osten standen ein „Bettisch,“ an der Wand die Lade für die Heiligen Schriften, links und rechts davon Bänke für die „Knaben.“

Jüdische Gemeinde von Rothenburg
im 19. und 20. Jhrt.

Die Rothenburger Juden waren überwiegend Kaufleute. 1926 waren von 24 Händlern allein 14 Viehhändler. Es gab Textilienhändler (z.B. Heumann & Strauß, Herrngasse 2), Lederwarenhändler (Westheimer), einen Metzger, einen Architekten und einen Religionslehrer. Sie engagierten sich sozial für die Stadt. Der Vorsitzende der Kultusgemeinde Carl Wimpfheimer war beispielsweise auch Mitglied im städtischen Armenrat. Ein Tanzstundenfächer vom 29. April 1919 bezeugt eine noch relativ gute Integration der jüdischen Bürger in die Rothenburger Gesellschaft. Zur Erinnerung schrieben neben anderen auch vier jüdische Herren ihre Namen auf die Fächer ihrer „Tanzstundendamen.“

Eine Ausnahmeerscheinung war der Rothenburger Lehrer Dr. Heinrich Laible, der von 1881 bis 1917 in Rothenburg wohnte und an der Lateinschule unterrichtete. Er war nicht jüdischen Glaubens, hatte aber weit reichende Kenntnisse vom Judentum und vom Talmud und war ein von Christen und Juden gleichermaßen anerkannter Fachwissenschaftler. Er bezeichnete sich als „Heidenchrist“ und setzte sich vor allem auf akademischem Gebiet und in Zeitschriften für Kenntnisse über das Judentum und für eine aufrichtige christlich-jüdische Verständigung ein.

Ein Tanzstundenfächer von 1919 trägt die Namen der jüdischen Bürger Arnold Kirschbaum, Siegmund Kirschbaum, Julius Mann und seines Zwillingsbruders Norbert Mann. Die Familien Mann und Kirschbaum waren in Rothenburg Viehhändler.

Vertreibung der jüdischen Bürger aus Rothenburg

Bevor die Juden aus Rothenburg vertrieben wurden, hatte man das Feld des Antisemitismus durch öffentliche Propagandareden vorbereitet.

Zwei Beispiele: Im Dezember 1923 hielt die völkische NSDAP-Rednerin Ellendt eine dreistündige Hetzrede bei einer sehr gut besuchten Parteiveranstaltung der antisemitischen „Reichsflagge.“ Kantor Moses Hofmann versuchte in einem Leserbrief an den „Fränkischen Anzeiger“ vergeblich dagegenzuhalten. In der Leserbriefdebatte mit einem anonymen „reindeutschen Bürger“ wurde er von Heinrich Laible mit guten Argumenten unterstützt – freilich ohne Erfolg. Im April 1924 hielt der evangelische Stadtpfarrer Fabri einen Vortrag beim Familienabend des Evangelischen Arbeitervereins über die „Stellung der evangelischen Christen zur Judenfrage“, bei dem er die alten, aber unterschwellig noch lebendigen judenfeindlichen Stereotypen der Kirche aufleben ließ.

Gewalttätig wurden die Nationalsozialisten in Rothenburg ab dem Jahr 1933, fast wie im nahe gelegenen Creglingen, wo am 25. März 1933 16 jüdische Männer brutal misshandelt wurden, so dass zwei anschließend verstarben: Im März 1933 überfielen SA-Leute die Viehhandelsfirma von Josef Mann in Rothenburg und misshandelten seine Familie. Im April nahm man den jüdischen Lehrer Siegmund Marx in „Schutzhaft“. Im August 1933 warf man dem jüdischen Lederhändler Leopold Westheimer „Rassenschande“ vor. Er wurde am Sonntag nach dem Gottesdienst von Mitgliedern des Freiwilligen Arbeitsdienstes aus einem Gasthaus geholt, verspottet und barfuß und mit Schildern behängt durch die Stadt zur Polizei und zum Gefängnis geführt.

Allein die Vorfälle von 1933 in Rothenburg zeigen, dass das Gift des Antisemitismus die Zivilcourage und das Empfinden für Menschenwürde bei vielen nichtjüdischen Rothenburgern längst gelähmt hatte. 1937 und 1938 betrieb man systematisch die Ausweisung der jüdischen Bürger: Seit August 1937 hingen vier „Mahntafeln“ mit antisemitischen Karikaturen des Malers Ernst Unbehauen für alle Besucherinnen und Besucher sichtbar außen an den Stadttoren. Und für das Rödertor stiftete der „Frankenführer“ Julius Streicher eine Tafel, die Juden die Schuld für den Untergang von Völkern gab. Im Mai 1938 veröffentlichte der Rothenburger Stadtarchivar Dr. Martin Schütz ein antisemitisches Heimatbuch mit dem Titel „Eine Reichsstadt wehrt sich“. In dem Buch rief er zur erneuten Vertreibung der Juden nach dem Vorbild von 1520 auf.

Das Ende für die jüdischen Bürger kam am 22. Oktober 1938. Die letzten 17 Juden wurden vom NSDAP-Kreisleiter Steinacker aus der Stadt gewiesen. SA-Leute in Zivil und Hitlerjungen drangen in die Wohnungen ein und trieben die jüdischen Bürger in der Synagoge zusammen. SA-Leute schossen mit einer Festspielkanone, um sie in Todesangst zu versetzen. Schließlich wurde ihnen freier Abzug gewährt. Manche nahmen aus Angst die Nebenstraßen, um zum Bahnhof zu fliehen. Der Synagogendiener Samson Wurzinger schloss die Synagoge ab und brachte die Schlüssel zum Rathaus. Fünf Tage später feierte Rothenburg ein „Freudenfest“ über die „Befreiung von den Juden“. Noch vor der Reichspogromnacht (9./10. November 1938) wurde die Einrichtung der Synagoge zerstört. Manchen jüdischen Bürgern gelang die Flucht aus Deutschland, andere starben in Konzentrationslagern. Heute weiß kaum jemand etwas vom Leben dieser letzten jüdischen Gemeinde. Im Ausland gibt es nur sehr wenige lebende Zeitzeugen. Die Geschichte der letzten jüdischen Gemeinde muss dringend aufgearbeitet werden.

Es existiert ein Bild der Familie Westheimer. Die drei Erwachsenen sind von links nach rechts: eine unbekannte Frau, Ida Westheimer, Leopold Westheimer, die Kinder: Ivan Westheimer, ein namentlich nicht bekanntes Mädchen, Bruno Westheimer. Die Familie Westheimer besaß in der Herrngasse 12 eine Lederhandlung.

Der neue jüdische Friedhof an der Wiesenstraße

Der Friedhof liegt etwa einen halben Kilometer nordwestlich der Altstadt an der Ecke Würzburger Straße/Wiesenstraße, eingefasst von einer hohen weißen Mauer. Er besitzt ein Leichenhaus aus roten Backsteinen und etwa 46 Gräber. Der Friedhof wurde 1875 angelegt. Die Grabsteine sind sehr einheitlich gestaltet, denn nachdem der Friedhof während des Krieges von Antisemiten geschändet und zerstört worden war, hat die Stadt Rothenburg 1947 neue Grabsteine aufstellen lassen. Auf manchen Gräbern ist ein Chanukkaleuchter zu sehen. Es existiert noch das Taharahäuschen (Leichenwaschhaus).

Zeittafel

1180
Erste Zeugnisse jüdischen Lebens in Rothenburg

1246-1286
Rabbi Meir ben Baruch lehrt in Rothenburg

1266-1399
Zeit der erhaltenen Grabsteine

1298
„Rintfleisch-Pogrom“

1349
Pestverfolgung in Rothenburg

1373
Neuansiedlung von Juden in der heutigen Judengasse

1404
Die alte Synagoge am Kapellenplatz wird in eine Marienkapelle umgewandelt.

1407
Neue Synagoge am Judenkirchhof

1511
Ratsedikt für Rothenburger Juden: Pflicht zum Tragen eines Abzeichens

1520
Vertreibung aller Juden aus der Stadt

(1520-1870)
350 Jahre lang wohnten keine Juden mehr in Rothenburg.

1870
Die ersten Juden lassen sich wieder in Rothenburg nieder.

1875
Moses Hofmann bleibt 50 Jahre als Lehrer in Rothenburg.

1888
Betsaal, Schule, Mikwe und Lehrerwohnung entstehen in der Herrngasse 21.

1910
Blütezeit der jüdischen Gemeinde im 20. Jahrhundert

1938
Noch vor der Reichspogromnacht werden die letzten 17 Juden aus Rothenburg vertrieben.

Literatur

Balb, Dieter:
Artikelserie im Fränkischen Anzeiger
„Rothenburg im Nationalsozialismus“,
Rothenburg 1983 und 1988.

Breßlau, Harry:
Zur Geschichte der Juden in Rothenburg ob der Tauber.
Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland
3 (1889) 301-336; 4 (1890) 1-17.

Merz, Hilde (Hg.):
Zur Geschichte der mittelalterlichen Judengemeinde in Rothenburg ob der Tauber.
Rabbi Meir ben Baruch von Rothenburg zum Gedenken an seinen 700. Todestag, Rothenburg 1993.

Rupp, Horst F.:
Die jüdische Gemeinde in der Reichsstadt Rothenburg ob der Tauber.
In: Behr, Hartwig / Rupp, Horst F.: Vom Leben und Sterben. Juden in Creglingen.
Würzburg 1999, 2. Auflage 2001, 17-25.

Schnurrer, Ludwig:
Die Juden in den kleineren fränkischen Reichsstädten.
In: Müller, Reiner A. (Hg.): Reichsstädte in Franken, Haus der bayerischen Geschichte, Aufsätze Band 2, München 1987, 84-99.

Schnurrer, Ludwig:
Rabbi Meir ben Baruch von Rothenburg.
In: Ders.: Rothenburg im Mittelalter, Rothenburg 1997, 49-62.

Wehrmann, Michael H.:
Die Rechtsstellung der Rothenburger Judenschaft im Mittelalter (1180-1520).
Eine rechtsgeschichtliche Untersuchung. Diss. Jur. Würzburg 1976.

Weitere Informationen

Führungen durch das Jüdische Rothenburg:

Lothar Schmidt, Tel. 09861-1376;
Hans-Gustaf Weltzer, Tel. 09861-86317;

Rothenburg Tourismus-Service Tel. 09861-404-92;

Oliver Gussmann, Touristenpfarrer Evangelische Kirchengemeinde St. Jakob, Tel. 09861-7006-25;

Öffnungszeiten

Reichsstadtmuseum:
April bis Oktober 10-17.30 Uhr
November bis März 13-16 Uhr

St.-Jakobs-Kirche:
April bis Oktober 9-17.15 Uhr
November und Januar bis März 10-12 und 14-16 Uhr
Dezember: 10-16.45 Uhr

Quellen
Fränkischer Anzeiger; Stadtarchiv Rothenburg ob der Tauber; Zeitzeugenbefragungen; weitere Quellen: siehe Literatur.

Herausgeber:
Ev.-Luth. Kirchengemeinde St. Jakob in Zusammenarbeit mit der Stadt Rothenburg ob der Tauber. Für weitere Quellenhinweise zur Geschichte der Jüdischen Gemeinde im 19. und 20. Jahrhundert wenden Sie sich bitte an das Stadtarchiv, Milchmarkt 2, 91541 Rothenburg ob der Tauber, Tel. 09861-404-29 oder an den Autor, Klostergasse 15, 91541 Rothenburg, Tel. 09861-7006-25; Verlag: Medien und Dialog

Allgemeines zur Judengasse in Rothenburg

Die mittelalterliche Judengemeinde in Rothenburg war weithin bekannt und über die Stadtgrenzen hinaus wichtig. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts lebte in Rothenburg Rabbi Meir ben Baruch, ein Experte für jüdisches Recht und verehrter Führer vieler Judengemeinden in Deutschland. Das jüdische Viertel in Rothenburg um den späteren Kapellenplatz wurde jedoch im 14. Jahrhundert aufgelöst. Die Juden zogen daraufhin in die Judengasse, wo eine Anzahl kleinerer Häuser entstand auf dem Areal der nicht mehr benutzten ersten Stadtbefestigung aus der Stauferzeit.

Schließlich wurden 1519/20 die Juden aus Rothenburg ausgewiesen und Christen zogen in ihre Häuser. Da es sich meist um arme Leute handelte, wurden die Häuser von ihren christlichen Bewohnern wenig verändert. Beim Bombenangriff auf Rothenburg blieb die Judengasse fast völlig verschont, anders als weite Teile der übrigen historischen Altstadt. Aus diesem Grunde bietet die Judengasse eine einzigartige Gelegenheit, spätmittelalterliches Wohnen und Leben von Juden zu untersuchen sowie dessen Überreste zu erhalten und zu präsentieren.

Der Verein Alt-Rothenburg hat mit großem finanziellen Aufwand zwei Häuser in der Judengasse erworben und archäologische Forschungen unterstützt. Zu den herausragenden Funden zählt ein spätmittelalterliches jüdisches Ritualbad (Mikwe), das bisher völlig unbekannt war. Diese Unternehmungen waren nur möglich durch eine Erbschaft, die dem Verein Alt-Rothenburg großzügig zugewendet wurde.

Auch die Stadt Rothenburg hat archäologische Untersuchungen in der Judengasse unterstützt, die unser Wissen über die Rothenburger Juden, über die älteste Stadtbefestigung unter den jüdischen Häusern und über das Entwässerungssystem der Stadt erheblich vertiefen konnten. Möglich war dies im Rahmen staatlich geförderter Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

Bernhard Mall

Auf Wunsch gibt es Stadtführungen durch das jüdische Rothenburg.

Bitte wenden Sie sich für eine Terminabsprache an den Gästepfarrer von St. Jakob oder an die Stadt Rothenburg. Hier werden Ihnen kenntnisreiche Stadtführer empfohlen.

Informieren Sie sich hier gezielt über die Stadtführungen der Kirchengemeinde St. Jakob und die Führungen durch den Rothenburg Tourismus-Service.