Jahresbericht 2013/14

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

über das vergangene Vereinsjahr kann ich Ihnen nicht nur Positives berichten. Immerhin: unsere Mitgliederzahl hält sich seit Jahren ungefähr auf dem gleichen Stand, zumindest was die Stadt Rothenburg und ihr engeres Umland betrifft. Es gab immer wieder Neuanmeldungen, Abgänge verzeichnen wir überwiegend durch Todesfälle, selten durch Austritte. Diese wurden in zwei Einzelfällen mit Kritik an unserer Arbeit begründet – nämlich wegen unseres Engagements beim Bürgerbegehren gegen die geplante Turnhalle am Friedrich-Hörner-Weg; einige andere mögen damit im Zusammenhang stehen. Der Verein ist also nach wie in der Rothenburger Bevölkerung fest verwurzelt, was gerade die hohe Zahl der Stimmen im Zusammenhang mit eben diesem Bürgerentscheid beweist. Schmerzlich sind die wenigen Austritte dennoch. Über neue Mitglieder wären wir dankbar.

Dass unser Verein in der Stadt beachtet wird und eine Rolle in der öffentlichen Diskussion spielt, wurde bei der Auseinandersetzung um die sogenannte Mehrzweckhalle am Friedrich-Hörner-Weg deutlich. Wir hatten das Thema seit zwei Jahren behandelt, an den Stadtrat und an die Stadtverwaltung geschrieben, unseren Standpunkt in der Presse vertreten und dabei unsere Befürchtungen wegen der drohenden Störung des Stadtbilds zum Ausdruck gebracht. Häufig wurden wir von besorgten Bürgern angesprochen und ermutigt, die Position des Vereins energisch zu vertreten.

Ich liefere Ihnen nun einen sicherlich subjektiven, knappen Rückblick auf die Ereignisse der letzten eineinhalb Jahre. Blicken wir zunächst einmal weit zurück in die Vergangenheit. Als im Januar 1968 vom Stadtrat bereits beschlossen war, in der Nähe des Wildbades die Bebauungsfreigabe des Taubertalhangs für ein modernes Altenheim namens „Domizilia“ zu erteilen, gelang es dem Druck der Öffentlichkeit und nicht zuletzt des Vereins, diesen Schildbürgerstreich im letzten Augenblick zu verhindern. Damit wurde ein unüberlegter Angriff auf das Taubertal abgewehrt, dessen Folgen gravierend gewesen wären.

Im Fall der nun durch den Ratsentscheid bestätigten Halle am Friedrich-Hörner-Weg hat der Verein seinen Standpunkt leider nicht durchsetzen können. Was 1968 gerade noch abgewendet werden konnte, tritt nun ein: die teilweise Verschleuderung des wertvollsten Kapitals, das Rothenburg besitzt, nämlich des historischen Erbes in Gestalt des einzigartigen, weltweit bewunderten und geliebten Stadtbildes. Das Landesamt für Denkmalpflege und der neue Stadtheimatpfleger, Prof. Konrad Bedal, teilten unsere Bedenken. Auch der Landesdenkmalrat, der im Mai 2014 in der Stadt war, sieht die Sache skeptisch und verlangt eine hohe ästhetische Qualität des Neubaus und seiner Umgebung. Rothenburgs Ruf als Vorzeigestadt der Denkmalpflege hat mit der geplanten Turnhalle in Fachkreisen sicherlich keine Pluspunkte gesammelt.

Ich will hier die Argumente, die wir gegen den Standort der Mehrzweckhalle vorgebracht haben, nicht in aller Ausführlichkeit wiederholen. Sie können in der Presse nachgelesen werden. Ich kann es mir aber nicht verkneifen, auf das gelegentlich merkwürdige Niveau der Diskussion und die Veränderungen, die das Bauwerk auf wundersame Art und Weise während der Planungsphase erfahren hat, einzugehen. In der Standortfrage wurde lange Zeit suggeriert, der Platz an der Stelle der alten Turnhalle an der Erlbacher Straße sei zu klein für den Neubau. Ein kurzer Blick auf ein im Internet leicht zugängliches Katasterblatt beweist auch dem blutigsten Laien das Gegenteil. An der Erlbacher Straße wäre durchaus genügend Platz für eine große Sporthalle. Hier hätte man zugleich den alten Bau aus den 30er Jahren – freilich auch ein Baudenkmal, aber keines der schöneren – „entsorgen“ und moderne Umkleide- und Sanitärräume für die Vereinssportler schaffen können. Der Begriff „Grüngürtel“ definiert sich im amtlichen Rothenburg leider durch einen Federstrich auf dem Stadtplan. Links davon ist geschützte Zone, das Gebiet rechts davon mag Tausende von Quadratmetern, Gärten mit Hunderten von Bäumen umfassen, es mag ökologisch wertvoll und für das Stadtbild von Bedeutung sein – aber es ist kein Grüngürtel. Wo bleibt der gesunde Menschenverstand? In meinen Augen ist Grün dort, wo Grün ist. Wo denn sonst?

Für die beabsichtigte Bebauung des Amtsgerichtsgartens mag die juristisch möglicherweise unanfechtbare Lage, die sich aus Bebauungsplänen ergibt, von Bedeutung sein. Im Bereich des Friedrich-Hörner-Wegs traf dies dagegen nicht zu. Hier musste die Stadt nicht widerwillig einem Bauherrn nachgeben, der das Recht auf seiner Seite hat. Nein – hier zerstört die Stadt ihre eigenen Grünflächen. Seit Jahren weisen wir, vielleicht zu zahm, darauf hin, dass die Flächen um die Altstadt auch jenseits des Straßenrings Bezoldweg – Hornburgweg – Toppler- und Friedrich-Hörner-Weg mit ihrem überwiegend historistischen Baubestand und ihren Gärten schützenswert sind. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, dass man sich endlich um unser Anliegen kümmert und durch geeignete stadtplanerische Vorgaben dafür sorgt, dass in diesem Bereich eine Bebauung nur noch in Anpassung an das Vorhandene erfolgen kann. Wohlgemerkt: Es geht nicht um das Einfamilienhaus, die kleine Werkstatt oder Garage, sondern um Klötze gewaltigen Ausmaßes wie die sogenannte Mehrzweckhalle oder das Ärztehaus am Topplerweg und schließlich auch um das Brauhausgelände.

Das angekündigte Bauvorhaben im Amtsgerichtsgarten am Rödertor beeinträchtigt durch sein Volumen und seine Höhe sowohl sein unmittelbares Umfeld, das eine historische Entwicklungsphase unserer Stadtgeschichte ziemlich ungestört dokumentiert, ebenso wie die Stadtansicht als Ganzes. Bausünden der Vergangenheit, zu denen man vielleicht die Topplerschule, sicherlich die Wohnblöcke in der Leydigstraße rechnen kann, rechtfertigen keineswegs neuerliche Fehler – nach dem Motto: Im Grüngürtel gibt es ja schon sehr wuchtige und hohe Gebäude, da kommt es auf eines mehr oder weniger nicht an. Wir schreiben 2013 und nicht 1913, und unsere Auffassungen von Denkmalschutz sollten sich inzwischen weiterentwickelt haben.
Uns stellt sich die Frage: Wird hier nicht ein Präzedenzfall weitere Begehrlichkeiten erzeugen?

Wir fordern deshalb:
Ein eventueller Neubau im Amtsgerichtsgarten sollte sich in seinen Dimensionen an der historischen Umgebung orientieren und deren mittlere Bauhöhe berücksichtigen. Ein Flachdach mit „Penthouse“ – der Traum von Kleinstadtspießern schlechthin – kommt überhaupt nicht in Frage. Ein merklich niedrigeres Haus mit Sattel- oder schlichtem Walmdach, korrespondierend mit den baulichen Gegebenheiten in der Nachbarschaft, müsste sich in der Qualität seiner Architektur deutlich abheben von dem ästhetisch völlig unbefriedigenden Entwurf, der im „Fränkischen Anzeiger“ zu sehen war. Das war eine Frechheit sondergleichen, ein Schlag ins Gesicht Alt-Rothenburgs.

Kommen wir zurück zum Streit um die Mehrzweckhalle.
Das Landesamt für Denkmalpflege hat anfangs wohl eher zähneknirschend dem Standort Friedrich-Hörner-Weg zugestimmt, da die Halle ursprünglich tief ins Erdreich eingegraben werden und das Niveau des Spitaltorparkplatzes nur um 4.50 Meter überragen sollte. Außerdem war ein begrüntes Flachdach angedacht, das den Bau aus der Fernsicht gewissermaßen „tarnen“ hätte können. Als die Änderung des Bebauungsplans plötzlich eine Höhe von 7.00 Metern vorsah, erhob das Landesamt vehement Einspruch. Auch wir konnten das im Sinne der satzungsmäßigen Ziele unseres Vereins nicht akzeptieren. Deshalb entschlossen wir uns im Herbst 2013, ein Bürgerbegehren zum Erhalt des historischen Stadtbilds zu unterstützen. Wir machten das nicht aus Jux und Tollerei, wir wollen niemand damit ärgern. Aber unsere Satzung gebietet uns einfach, alles, was in unseren Kräften steht, für Alt-Rothenburg zu tun. Und nebenbei: Es gibt nichts Demokratischeres als einen Bürgerentscheid.

Der Verein war natürlich nicht „Initiator“ des Bürgerbegehrens. Er hat es unterstützt, hat dafür geworben – auch mit bescheidenen finanziellen Mitteln, etwa für Zeitungsannoncen. Diese wurden allerdings überwiegend nicht aus der Vereinskasse bezahlt, sondern stammten aus zweckgebundenen Spenden. „Vereinsmittel“ haben wir für das Bürgerbegehren kaum verwendet bzw. „verschwendet“, wie uns das gelegentlich vorgeworfen wurde.

Die Hauptarbeit beim Bürgerbegehren wurde von aktiven Leuten geleistet, teilweise Vereinsmitglieder, teilweise auch nicht, die die Unterschriftenlisten verteilten und Unterschriften sammelten, die an Informationsständen mit den Bürgern sprachen, im Internet und in Leserbriefen Werbung für unsere Sache machten. Helmut Döppert, Bernhard Mall und Peter Nedwal haben als verantwortliche Vertreter die rechtliche Verantwortung für das Bürgerbegehren übernommen. Ihnen möchte ich meinen Dank aussprechen.

Zur Berichterstattung in der Lokalpresse ist Folgendes anzumerken: Presseerklärungen und Leserbriefe der Vorstandschaft wurden jederzeit zügig und unverändert abgedruckt. Dafür möchte ich mich bedanken. Schön wäre es allerdings gewesen, wenn man bei manchen Artikeln, die den Verein bzw. das Bürgerbegehren in ein schlechtes Licht rückten, vor dem Abdruck bei uns nachgefragt hätte. Auf einfache Art und Weise hätte man so manches Missverständnis zurechtrücken können. Das gilt beispielsweise für die Vorhaltungen aus der Stadtverwaltung, der Verein würde sich wenig kooperativ verhalten. Ein Artikel der Lokalzeitung von 1. August 2013 zitiert den Stadtbaumeister, für den Verein sei es bezeichnend, dass er „von der Möglichkeit zu Rückfragen so gut wie nie Gebrauch macht.“ Selbst wenn man um Stellungnahme „bete“, erfolge of trotz wochenlanger Fristen nicht einmal eine Rückmeldung. Das stimmt einfach nicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass bei wichtigen Themen – ich betone das „wichtig“ – unser Verein vom Stadtbauamt in den letzten Jahren zu Rate gezogen wurde.

Bei der Auseinandersetzumng um die Mehrzweckhalle wurde in der Presse mehrfach dazu aufgerufen wurde, fair zu bleiben, keine Gräben aufzureißen, nicht zu „spalten“. Trotzdem wurde gelegentlich massiv „geholzt“. Diesen Begriff aus der Fußballersprache, der für überhartes, Fouls einplanendes Spiel steht, verwende ich bewusst. Denn Formulierungen wie „unlauter“, „stillos“ waren natürlich ebenso ärgerlich für uns wie Behauptungen, die Bürgerinitiative und derVerein hätten bewusst Tatsachen verschwiegen, Falschinformationen in die Welt gesetzt oder gezielt getäuscht.

Es war ein geschickter und vermutlich entscheidender Schachzug, dem Bürgerbegehren zu unterstellen, es sei gegen die Anliegen des Schul- und Vereinssports gerichtet. Wir haben es nicht geschafft, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass uns die Bereitstellung benötigter Sportstätten und – da gab es absurde Leserbriefe – die Verkehrssicherheit des Schulweges keineswegs egal ist. Ein Pseudo-Argument lautete: Falls die Turnhalle am Friedrich-Hörner-Weg nicht gebaut werden kann, müssen Grundschüler unter Lebensgefahr zu ihren Sportstätten gehen. Was soll man dazu sagen außer „O sancta simplicitas“? Zu den Regelverstößen der „Gegenseite“ zählte ohne Zweifel die Einmischung des Rothenburger Realschulrektors, der in einem offiziellen Elternbrief seiner Schule für die Turnhalle am Friedrich-Hörner-Weg warb. Ob das rechtlich in Ordnung war, sei dahingestellt und interessiert mich auch nicht. Von bayerischen Beamten, wird, wenn sie als Amtsträger auftreten, in politischen Auseinandersetzungen eigentlich Zurückhaltung erwartet. Der Schulleiter interpretrierte seine Position recht eigenwillig.

Die Kontroverse um die Mehrzweckhalle ist ja nun beendet. Aber die Leute, die das Bürgerbegehren in die Wege leiteten, wollen nicht, dass ihr Engagement für die Rothenburger Altstadt folgenlos verpufft. In unserer heutigen Versammlung wird Ihnen ein Konzept vorgestellt werden, das die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zwischen dem Verein und Gruppen interessierter Bürger umreißen kann.

Denn wir weden immer wieder angesprochen von Rothenburgern, denen einige Entwicklungen in der Altstadt missfallen. Ein Beispiel ist die Gestaltung des Sparkassenneubaus am Kapellenplatz. Abgesehen davon, dass das recht hohe Bauwerk dem südlich anschließenden Florin-Bau, einem programmatischen und mustergültigen Haus des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg, manches von seiner Wirkung nimmt, sehen wir sowohl die Fenstergestaltung als auch den an einem Teil der Fassade vorgesehenen, sehr dunkelblauen Farbanstrich mit Skepsis. Wieso durfte ausgerechnet die Sparkasse, die vermutlich nicht an den überschaubaren Mehrkosten zugrundegegangen wäre, auf Sprossenfenster verzichten? Man muss sicherlich nicht überall auf Sprossenfenstern bestehen, vertikal geteilte Fenster tun es an manchen Stellen vermutlich auch. Aber bei derart großformatigen Fensteöffnungen wie im Erdgeschoss der Sparkasse wäre eine horizontale Untergliederung sehr wohl angebracht gewesen. Ästhetik ist auch eine Frage der Größenordnung. Kleine Fenster mit einer lediglich senkrechten Teilung mögen sich ansprechend ins Bild unserer Altstadt einfügen, hier muss das Stadtbauamt nicht kleinlich regulieren. Die großformatige Fensteröffnungen der Sparkasse sprengen allerdings das Maß, sie missachten die Tradition und sind Fremdkörper in Alt-Rothenburg. Ist man bei anderen Bauvorhaben auch so großzügig?

Der Unmut mancher Vereinsmitglieder über die Fenster setzt sich fort bei der geplanten farblichen Gestaltung der Fassade. Seit vielen Jahrzehnten sind in Rothenburg pastellfarbene, warme Hausanstriche üblich, die der Stadt ein ziemlich einheitliches, vielleicht etwas langweiliges Aussehen verleihen. In früheren Jahrhunderten mag die Farbigkeit der Stadt abwechslungsreicher, vielleicht sogar spektakulärer gewesen sein. Darüber müsste man sich genauer informieren, darüber wissen wir wenig. Am Kapellenplatz zieht das ehemalige Kino mit einem kalten Blau den Blick auf sich und stellt die Nachbarhäuser in den Schatten – dabei ist es nur noch eine ordinäre Garage mit einem Einfahrtstor, das man schöner, von mir aus historisierender hätte ausführen können. Hier tut man in Richtung „Mehr Farbe in die Stadt“ des Guten wahrscheinlich zuviel. Und das mattdüstere, unfreundliche Konfirmandenanzugsschwarzblau – die treffende Formulierung stammt von Ekkehart Tittmann -, das an der Sparkasse offenbar vorgesehen ist, hat es im alten Rothenburg wohl kaum gegeben.

Fingerspitzengefühl, Sensibilität – das sind möglicherweise billige Schlagworte, wenn es um die Rothenburger Altstadt geht. Aber „Schmuckstücke“ wie die Liege vor dem Klingentor samt Schaukelpferdchen in unmittelbarer Nachbarschaft zu spätmittelalterlichen Sühnekreuzen benötigen wir nicht. Man betrachte die Kupferstiche, die Johann Friedrich Schmidt um 1760 angefertigt hat, und man begreift die vornehme Wirkung, die von „aufgeräumten“ Plätzen und Straßen erzeugt wird. Für mich ergibt sich daraus: Man muss nicht alles „möblieren“ und dekorieren und damit unserer alten Stadt verkitschen. Als ich das neudeutsche Wort „aufhübschen“ zum ersten Mal hörte oder las, dachte ich, das sei ironisch gemeint. Inzwischen ahne ich, dass man das mit der „Aufhübschung“ tatsächlich ernst meint. An der Eich unterhalb des Kriminalmuseums wird das deutlich. Die Neugestaltung gefällt nicht jedem, hier wurde Unnötiges geschaffen. Ein bisschen fühlt man sich daran erinnert, wie in unseren Dörfern im Rahmen der „ländlichen Neugestaltung“ „aufgehübscht“ wird. Ich rate von einer „Stadtmöblierung ab. Rothenburg hat so etwas nicht nötig. Es ist kein Dorf. (Und unsere Dörfer benötigen solchen Schnickschnack und Firlefanz genausowenig.)

Punkte sammeln könnte die Stadt jedoch, wenn sie das noch immer vielfach ungestörte Taubertal in ihrer Selbstdarstellung ein wenig mehr in die öffentliche Aufmerksamkeit rückt. Im Wildbad hat man im letzten Jahr zwischen dem Hauptgebäude und der ehemaligen Schwimmhalle zwei quaderförmige Betongaragen aufgestellt, die man zur Unterbringung der Mülltonnen bzw. -container nutzt. Dies erfolgte offenbar ohne Hinzuziehung des Bauausschusses oder des Baubeirats. Schön sind die Kästen sicherlich nicht. Ihre Genehmigung durch die Stadt könnte weitere Bauwerber ermutigen, das „liebliche Taubertal“ zu verschandeln.

Es folgen nun einige Erfolgsmeldungen bzw. positive Anmerkungen. Dass das Leuzenbronner Pfarrhaus doch nicht abgerissen wurde, war ein Glücksfall. Der Verein hat sich zwar nicht aktiv in die Diskussion eingeschaltet – dafür ging alles recht schnell über die Bühne – , aber Ekkehart Tittmann und Eduard Knoll haben engagiert Position bezogen.

Zum Tag des Offenen Denkmals am 9. September 2013 bot unser früherer 1. Vorsitzender Bernhard Mall eine Halbtageswanderung von Reichardsroth nach Tauberzell unter dem Motto „Die Rothenburger Landhege entdecken“ an, die recht gut angenommen wurde. Auf dem für die Route ausgewählten Abschnitt sind rund 1800 Meter Landhege erhalten, von ursprünglich 27 Hegsteinen des 16. – 18. Jahrhunderts sind heute noch 15 erhalten. Besonderheiten dieses Landhegeabschnitts sind die Riegelrekonstruktion im Galgenholz bei Reichardsroth und der relativ gut erhaltene, heute als Wohnhaus genutzte Landturm in der Ortsmitte von Großharbach. Ein auf alten Karten abgebildeter südlich von Großharbach gelegener zusätzlicher Wachturm (Flurbezeichnung „Turmäcker“) wurde wahrscheinlich im 18. Jahrhundert abgerissen und in Neustett als Windmühle wieder errichtet. Auf einem kurzen Teilstück westlich von Neustett folgt die heutige bayerisch-württembergische Grenze der Rothenburger Landhege. Die teilweise ohne Wege quer durch Wald und Feld verlaufende „historische Abenteuerwanderung“ ist eine von neun Teilstrecken der ehemaligen Landhege, die in einer Broschüre zur Entdeckung der Rothenburger Landhege für Fachleute und Laien genauer beschrieben werden sollen. Aktionen wie diese tragen vielleicht dazu bei, die Verbundenheit des Vereins mit dem Umland zu stärken.

Die Sanierung der Rathausbalustrade, der Ratstrinkstube mit ihrer gewöhnungsbedürfigen, aber doch diskutablen neuen Farbe, des Fleischhauses und der Neuanstrich der Marienapotheke fallen natürlich ebenfalls in die Rubrik „Gut gemacht“. Wenn man am Stöberleinsturm und am Sauturm neue Ziegel auf den Dächern sieht, zuckt man zunächst leicht zusammen. Man hat aber dann Verständnis dafür, wenn man an die Verkehrssicherheit der Wege und Straßen unter den Türmen denkt. Bewusst ist uns auch, dass aktuelle Anforderungen des Energiesparens zu einer Veränderung mancher Altstadtdächer führen werden. Alte Ziegel passen nicht immer auf moderne Dachisolierungen. Dennoch sollten, wo immer es möglich ist, historische Ziegel verwendet werden. Die Dachlandschaft Alt-Rothenburgs ist ein schützenswertes Kulturgut von nicht zu unterschätzender Bedeutung.

Absolute Anerkennung verdient die von Dr. Gußmann initiierte Internetseite „rothenburg-unterm-hakenkreuz“, herausgegeben vom Evangelischen Bildungswerk Rothenburg, die die Geschichte des 3. Reichs in Rothenburg beleuchtet und vieles gesammelt hat, was man sich sonst nur mühsam zusammensuchen müsste. Der eminenten Arbeitsleistung muss man großen Respekt zollen. Über die Informationen der Internet-Seite zum Verein Alt-Rothenburg und seine Rolle in der Nazizeit und nach 1945 habe ich mich allerdings ein bisschen gewundert, nicht zuletzt darüber, wie da suggeriert wird, der Verein sei nach dem 2. Weltkrieg von Altnazis beeinflusst worden. Allein Wilhelm Staudachers jahrzehntelange Rolle im Verein spricht gegen diese Unterstellung. Erfreulich ist natürlich, dass die Stadt Rothenburg heutzutage entschieden öffentlich Stellung bezieht gegen aktuelle rechtsradikale Tendenzen.

Und als überaus erfreulich haben wir die Berufung von Prof. Dr. Konrad Bedal, den Schöpfer des Windsheimer Freilandmuseums, zum Stadtheimatpfleger zur Kenntnis genommen. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen, sein Name und seine Biographie sprechen für sich.

Weniger positiv ist die Entwicklung am Röderturm verlaufen. Im Mai 2012 wurde der Röderturm durch die Stadt aus Brandschutzgründen geschlossen. Obwohl der Turm durch eine vom Verein finanzierte Sprinkleranlage gegen Feuer gesichert ist, ergab ein Gutachten ebenso wie die Stellungnahme der Feuerwehr eine Gefährdung des Turmes durch mögliche Rauchentwicklung.

Zum Schutz der Besucher wurde Folgendes gefordert: Feuerfeste „Einhausung“ der oberen Turmgeschosse, Rauchmelder mit Verbindung zur Turmstube, feuerfeste Tür auf der Ebene des Wehrgangs, eine Kamera dort sowie eine Sprechanlage mit Verbindung in die Turmstube, ein Podest zu einem Notausstieg durch ein vergrößertes Turmfenster auf halber Höhe des Turmes. Die geschätzten Kosten von ca. 70. – 80.000 Euro konnte der Verein natürlich natürlich nicht alleine tragen. Das Vereinsvermögen sollte eigentlich in erster Linie zur Sanierung des im Vereinsbesitz befindlichen Hauses Judengasse 12 verwendet werden. Mit einer ersten Zahlung von rund 20.000.- Euro und weiteren Zahlungen von 4-5000 Euro für die folgenden vier oder fünf Jahre müssen wir die Baumaßnahmen am Turm unterstützen.
Angesichts der neuen Situation – nur noch 10 Besucher sind gleichzeitig auf dem Turm zugelassen – muss man allerdings mit einem deutlichen Rückgang der Besucherzahlen rechnen. Der Verein will aber auf jeden Fall der Stadt die Attraktion „Blick vom Röderturm“ erhalten. Hinzu kommt: Ohne die Eintrittsgelder aus dem Turm wäre in der Vergangenheit vieles nicht möglich gewesen, was der Verein etwa zur Erhaltung seiner Häuser in der Judengasse oder bei Ankäufen für das Reichsstadtmuseum geleistet hat.

Inwischen sind die Brandschutzmaßnahmen umgesetzt, der Turm kann wieder bestiegen werden. Über die momentane Entwicklung der Besucherzahlen kann unser Kassier Peter Nedwal wenig Positives berichten. Auch in der Vergangenheit waren unsere Einnahmen vom Röderturm niemals so üppig, wie man in der Presse lesen konnte. Besucherzahlen von 35.000 im Jahr haben wir nicht im Ansatz erreicht. Wäre es so gewesen, dann wären wir ein reicher Verein. Leider ist das nicht der Fall.

Die finanziellen Ausfälle waren natürlich der Hauptgrund, dass wir bei unseren Publikationen und bei unserer winterlichen Vortragsreihe gespart haben – am Umfang, nicht in der Qualität. Mit der Jahresgabe 2013, dem Buch „Eine Reichsstadt ohne Hexenwahn“ von Alison Rowlands, das wir unseren Mitgliedern überreichen konnten, haben wir sicherlich das Wissen um die Rothenburger Geschichte auf höchstem wissenschaftlichen Niveau bereichert. Neben Frau Dr. Rowlands sei in diesem Zusammenhang Bernhard Mall gedankt, der sich um das Buch verdient gemacht hat, ebenso Dr. Möhring für die Gestaltung und das Layout, Willi Pfitzinger für viele Fotos und den Herren Dr. Hirte und Dr. Schneider vom Kriminalmuseum für ihre vielfältige Unterstützung.

Bei der Gestaltung unseres Vortragsprogramms half uns Dr. Gußmann, denn wir konnten uns an einige Vorträge des Evangelischen Bildungswerk „anhängen“. Auch der Studientag „Ludwig Siebert und seine Verstrickung im Nationalsozialismus“ im Juli 2013 wurde hauptsächlich von ihm organisiert. Von unseren Vorträgen möchte ich den von Karl Thürauf über Stadtamtmann Hans Wirsching (1876 – 1956) erwähnen, ebenso das Referat von Dr. Schneider über unsere kommunalen Großbauten der Renaissancezeit, mit dem er erneut auf die große Zeit Rothenburgs in den Jahrzehnten vor dem Dreißigjährigen Krieg hinwies. Und schließlich führte sich Proessor Bedal mit einem grundlegenden Vortrag über den Rothenburger Hausbau sehr angenehm bei unserem Verein ein.
Den Abschluss meines Jahresberichts bildet etwas, was ich als Eigenlob im Grunde einerseits ungern, andererseit mit gutem Recht und selbstbewusst sage: Im Verein Alt-Rothenburg treffen sich Leute mit einem soliden Fundus an Fachwissen und -kompetenz.

In Rothenburg scheint das nicht so bekannt zu sein. Es geht hier um den Ende März 2014 der Öffentlichkeit stolz präsentierten Turmweg. Er ist an und für sich ja begrüßenswert, er stellt eine Bereicherung des Angebots für Touristen wie Einheimische dar. Berechtigte Einwände zur Machart der Tafeln wollte und will ich um des lieben Friedens willen in diesem Jahresbericht gar nicht anbringen, über die gelegentlich großzügige Korrektur der Rechtschreibung und Zeichensetzung kann man hinwegsehen. Aber die Texte auf den mit dem Modewort „Stelen“ titulierten Tafeln und ebenso die der gedruckten Turmwegbroschüre enthalten viele kleinere und vor allem schwerere Fehler, zu denen man als Verteter eines historischen Vereins einfach nicht schweigen darf. Wurden bei der Formulierung ausgewiesene Fachleute wie Schnurrer, Borchardt oder Tittmann befragt? Dem Normaltouristen mag es egal sein, was ihm auf dem Turmweg erzählt wird. Gäste unserer Stadt, die ein gewisses Maß an Niveau und Seriosität erwarten, sind mit dem Turmweg leider schlecht bedient. Sie werden das manchmal auch bemerken und sich ihren Teil dazu denken. Die Substanz des Turmweges, nämlich der Wahrheitsgehalt der Texte, hat unübersehbare Schwächen. Zahlreiche Falschinformationen und die unkritische Tradierung längst widerlegter Behauptungen mussten nicht sein, man hätte sie problemlos vermeiden können. Nebenbei: Auch bei der Beschriftung der „Stauferstele“ im Burggarten hätte man Experten befragen sollen.

Zum Abschluss meines Jahresberichts möchte ich mich bedanken bei all denen, die unsere Arbeit unterstützt haben. Bei Ekkehart Tittmann, der die Hauptarbeit an der „Linde“ leistet, bei Jochen Ehnes, der unsere Internet-Seite mustergültig pflegt, und bei vielen, die uns beraten, manchmal aber auch scharf kritisieren. Ihre Beiträge sind im Interesse Alt-Rothenburgs wichtig und jederzeit willkommen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Dr. Richard Schmitt
Schriftführer