24.06.2014 | Zusammenarbeit mit dem VAR

Neue Wege im VAR – Es bewegt sich was!

 

Gudrun Knoll-Schäfer hielt eine sehr gute Grundsatzrede und stellte die Idee der Zusammenarbeit mit dem VAR den interessierten Mitgliedern der Versammlung vor. © Jochen Ehnes

Wie Ihnen allen bekannt ist, hat der VAR zusammen mit der Bürgerinitiative (BI) gegen den Neubau der Mehrzweckhalle am Topplerweg einen Bürgerentscheid in die Wege geleitet. Trotz umfassenden Zuspruchs von Seiten stadtbildbewusster Bürger haben unsere Bemühungen aus den verschiedensten Gründen leider nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Umfangreiche Diskussionen um die Mehrzweckhalle führten innerhalb der Gruppe jedoch zu der Erkenntnis, dass in unserer Stadt noch viel mehr im Argen liegt als die Bedrohung des Stadtbildes durch die geplante modernistische Architektur direkt vor der Stadtmauer.

Innerhalb der BI nahm der Gedanke, sich weiterhin für die Stadtentwicklung, das Stadtbild – und die Denkmalpflege zu engagieren, zunehmend Gestalt an. Die Idee, den Verein Alt-Rothenburg in seiner Arbeit zu unterstützen, wurde vom Vereinsvorstand positiv aufgenommen und Kooperationsbereitschaft signalisiert. Wir, die Aktiven der BI, möchten Vorstand und Ausschuß des Vereins bei der praktischen Umsetzung zur Erreichung der Satzungsziele unterstützen.

Der VAR legt u.a. seiner Satzung fest, Rothenburg „als Denkmal mittelalterlicher Kultur im Ganzen erhalten zu wollen und die Baudenkmäler im Einzelnen vor dem Verfall zu schützen und in ihrer Wesensart zu erhalten“. Ein weiteres Satzungsziel besteht darin, Berater von Behörden und privaten Personen in allen Fragen zu sein, die die vorgenannten Ziele betreffen.

Unser Interesse richtet sich in erster Linie auf die Pflege und Verbesserung des Stadtbildes, fernab jeglicher Butzenscheibenästhetik, kitschig überladener romantischer Stilelemente, historisierendem Schnickschnack. Kurzum: wir wollen keine Kultstätte der Nostalgie, kein Ausrichten nach dem Publikumsgeschmack und erst recht kein mit modernistischen Elementen aus dem Baumarkt aufgepepptes Rothenburg.

Gegensätzliche Einschätzungen
Werden die Begriffe „Denkmal / Stadtbildpflege“ und „Stadtentwicklung“ gegenübergestellt zeigen sich im öffentlichen Meinungsbild folgende Gegensätze:

Denkmalpflege / Stadtbildpflege:
statisch, bewahrend, kulturell begründet, luxuriös (somit verzichtbar?) weltfremd, unrentabel, gemütvoll, bedient in weiten Bereichen ein romantisierendes Verständnis vergangener Zeiten.

Stadtentwicklung:
dynamisch, verändernd, ökonomisch bestimmt, gesellschaftlich notwendig, politisch definiert, wirtschaftlich vernünftig, sachlich.

Die Gegensätze sind offensichtlich, ein Konsens scheint undenkbar.
Die ewig Gestrigen wollen es unter allen Umständen erhalten: das Plumpsklo, die Ofenheizung, niedrige Raumhöhen … Trotz zahlreicher Gegenbeispiele schaffen es die Denkmalfreaks, wie Thomas Goppel die engagierten Denkmalschützer bezeichnet hat und dafür heftige Prügel bezog, nur schwer, das Image der Denkmal- und Stadtbildpflege zu verbessern.

Welche Möglichkeiten bestehen denn nun, um die vorgenannten Satzungsziele zu erreichen?
Wir haben hier zunächst einige Bilder zusammengetragen, Schlaglichter, die beispielhaft anführen, warum und worum wir uns sorgen. Diese Sorgen und Probleme betreffen – ganz wichtig – nicht nur die verbliebenen Altstadtbewohner; es sind die Probleme aller Rothenburger, die jetzt und in Zukunft hier leben wollen. Unser Alleinstellungsmerkmal, unser Markenzeichen „Mittelalterstadt“ hat uns bisher vor einem Versinken in den Sumpf der zahlreichen gesichts- und perspektivlosen, beliebigen deutschen Kleinstädte bewahrt. Eine Anpassung an das traurige Mittelmaß der Baumarktästhetik, eine in Kauf genommene Zerstörung liebenswerter, über Jahrhunderte gewachsener Details ist auf dem besten Wege, dieses Alleinstellungsmerkmal zu zerstören.

 

Zunächst einige Fotos:

Bei den folgenden Fotos stellt sich der aufmerksame Bürger die Frage: MUSS DAS WIRKLICH SEIN?? Wo bleibt die Sensibilität beim Umgang mit historisch gewachsenen Strukturen?

 

Die Gestaltung und Platzierung der neuen Beschilderung und – vielleicht sogar überflüssiger – Stadtmöblierung erscheint an einigen Orten sicher gut gemeint, aber etwas unglücklich gewählt?

 

Das waren einige wenige Beispiele, wie es vielleicht nicht sein sollte, ja darf, in einer Stadt, die den Anspruch einer mittelalterlichen Stadt vor sich herträgt. Zeitgemäße Elemente können einer alten Stadt durchaus zugute kommen, sollen und müssen sein, der gute Wille, die Stadt zu modernisieren, ist erkennbar und zu loben, aber vielleicht kann hier noch einiges verbessert werden?

Als nächstes sehen Sie ein paar Fotos, die den maroden Zustand zahlreicher Details in Rothenburg aufzeigen, Details, die ihrem Verschwinden entgegenrotten, die nicht bemerkt werden, oder für die einfach kein Geld vorhanden ist, um sie zu erhalten.

Jedoch: gerade derartige Details tragen dazu bei, die Authentizität und das Liebenswerte unserer Stadt zu erhalten. Leider mehr als Patina, und all diese kleinen und großen Reparaturen werden viel viel Geld erfordern.

 

Ich möchte Ihnen nun einige wenige Beispiele von genehmigten Bauvorhaben vorstellen, die, trotz Genehmigung, fragwürdig sind und vielleicht doch nicht so ganz das, was man eigentlich braucht bzw.will hier:

Fotostrecken:
– Architektur der Neubaugebiete drückt in die Altstadt
– Es bröselt und bröckelt an allen Ecken und Enden, und wenn es repariert wird – muss es dann SO aussehen?

 

Ich möchte die Fotoserie abschliessen mit ein paar Fotos von wirklich lobenswerten Dingen hier, da gibt es natürlich auch noch zahlreiche weitere – hoffen wir mal, es werden immer mehr und nicht weniger

 

Na also, geht doch
Wir wollen niemandem zu nahe treten, niemanden an den Pranger stellen oder verunglimpfen. Das Bemühen, alles richtig zu machen, ist sicherlich vorhanden. Und es existieren eben unterschiedliche persönliche Vorlieben bez. Gestaltungen. Jedoch sehen wir es als Teil der gestellten Aufgabe an, das Bewußtsein für ansprechende, integrierte, qualitätvolle Gestaltung über rechtliche Verordnungen hinaus zu wecken, um weitere Deformationen zu verhindern und positive Entwicklungen zu fördern. Die vorhandene Baugestaltungssatzung allein kann nicht das Verständnis für und das Bemühen um einen sensiblen Umgang mit neuer und alter Bausubstanz gewährleisten!

Die Förderung der Entwicklung zu einer höheren Empfindsamkeit beim Denkmalschutz und in der Stadtbildpflege, auch und gerade bei den Bürgern, die ausserhalb der Stadtmauer leben, ist dringend erforderlich. Die Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt ist leider zunehmend -nicht nur in Rothenburg- verloren gegangen. Der Zahn der Zeit nagt nicht nur an den Bauwerken, sondern auch an den Einstellungen und der Sicht der Einwohner auf ihr Wohn-und Lebensumfeld.

Zur Organisation der Zusammenarbeit
Grundsätzlich ist zu bemerken, dass im Zuge zukünftiger Zusammenkünfte sicherlich weiterführende Ideen und Vorschläge eingebracht werden müssen. Das Projekt muss wachsen, es entstehen Wendungen und es werden sich Anregungen ergeben, die jetzt noch nicht abzusehen sind. Von Seiten der BürgerInitiative wird vorgeschlagen, zunächst zwei Arbeitsgruppen zu bilden, die von Mitgliedern des Ausschusses und/oder von anderen Mitgliedern des VAR mitgetragen werden. Folgende zwei Gruppen könnten zunächst ihre Tätigkeit aufnehmen:

Arbeitsgruppe A
1. Zusammentragen dringend notwendiger Sanierungs- / Konservierungsmaßnahmen an Gebäuden/Stadtmauer/Skulpturen unter Einbeziehung von freiwillig arbeitenden Fachleuten
2. Erarbeitung einer Prioritätenliste zum vorgenannten Punkt
3. Ideenfindung zur Finanzierung dieser Maßnahmen (der Stadt stehen zunehmend weniger finanzielle Mittel zur Verfügung), z.B. Spenden, Stiftungen??
4. Zusammentragen von das Stadtbild störenden Details (s.Fotos), Vorschläge für Verbesserungen (z.T.mit geringem Aufwand möglich).

Arbeitsgruppe B: Öffentlichkeitsarbeit.
Wie bereits gesagt, sollen die Bürger für ihre Altstadt zunehmend sensibilisiert werden. Die öffentliche Aktzeptanz bei der Erhaltung historischer Gebäude und des gesamten Stadtbildes muss gefördert werden. Möglichkeiten dazu:
1. Organisation von Stadtteilbegehungen mit Stadtheimatpfleger Dr. Bedal, dadurch auch Mitgliederwerbung für den VAR.
2. Beschaffung von beispielgebenden Schriften aus anderen Städten. Ziel: Eine leicht verständliche, bürgernahe Zusammenfassung der Möglichkeiten einer behutsamen, denkmalgerechten Sanierung und Ausstattung der Gebäude,
einsehbar über das Internet und als Print-Ausgabe.
3. Erweiterung der Vorträge im Winterhalbjahr um Veranstaltungen, in denen praxisorientierte Fachleute Anregungen und Hilfen vermitteln.
4. Regelmäßige Treffen interessierter Bürger im Rahmen eines Stammtisches
5. Öffentliche Belobigung (Preise?) gelungener, sachgemäßer Sanierungen
6. Regelmäßige Herausgabe von Kurzinformationen über den „Stand der Dinge“ in Form von Zeitungsbeilagen und im Internet
7. Zusammenarbeit mit der – auch überörtlichen – Presse (Pressesprecher)
8. Formulierung und Durchsetzung von Anforderungen: z.B. Einbeziehung von Fachleuten bez. eines Farbkonzeptes für die Altstadt oder/und mehr Transparenz und Mitspracherecht für die Bürger bei den Entscheidungen bez. Denkmalschutz und Stadtbildpflege

Gruppenübergreifende Tätigkeiten werden sich ergeben.
Uns allen ist klar, dass die Umsetzung der vorgebrachten Ideen nur in gemeinschaftlicher Arbeit mit der Stadt und der Presse erfolgreich durchgeführt werden kann. Das Verhältnis zu diesen beiden Institutionen zu verbessern ist deshalb unbedingt notwendig und durchaus möglich, zumindest einen Versuch wert. Eine Kooperation im Sinne der Sache, wird hoffentlich zu dem erwünschten Ergebnis führen, das wäre dann eine klassische win-win- Situation.

Unser Vorschlag zur Weiterführung und zur praktischen Umsetzung unserer Vorstellungen wäre, dass sich an der Arbeit interessierte Vereins-bzw. Ausschussmitglieder mit mir oder einem der andern Aktiven aus der Bürgerinitiative in Verbindung setzen.

Nicht jammern – Mitmachen
Es gibt viel zu tun, es lohnt sich, fangen wir an, Steine aus dem Weg zu räumen für eine noch lebenswertere Zukunft, hier, in Rothenburg, für Sie, für Alle.
Wir brauchen SIE !!!
Vielen Dank.

für die „Altstadtfreunde Rothenburg“
Gudrun Knoll-Schäfer

Hier können Sie sich die PDF-Version des Referates von Frau Gudrun Knoll-Schäfer kostenfrei herunterladen.
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